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Bertha Emilie Karlsberg, geborene Simon

geboren am 12. November 1872 in Mainz, Rheinland Pfalz, Deutschland
ermordet am 23. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor

Familie

Ehemann:Moses, Rufname Moritz, Karlsberg geboren am 26. April 1865 in Fränkisch Crumbach, Hessen, Deutschland ermordet am 23. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Tochter: Ilse Karlsberg, verh. Unna geboren am 16. Dezember 1893 in Hamburg, Deutschland verstorben am 21. Juni 1984 in Givat Haim, Israel Sohn: Ernst Karlsberg geboren am 29. März 1895 in Hamburg, Stadt Hamburg, Deutschland verstorben am 8. Oktober 1935 in Hamburg, Deutschland Sohn: Bernhard Karlsberg geboren am 11. Oktober 1899 in Hamburg, Deutschland verstorben am 18. Januar 1985 in Hoofddorp, Provinz Nordholland, Niederlande

Lebensdaten

1872 Geburt in Mainz 1893 Heirat mit Moses Moritz Karlsberg 1893 Geburt der Tochter Ilse 1895 Geburt des Sohnes Ernst Karlsberg 1897 Ehemannes übernimmt Postens seines Vaters 1897 Kauf eines Hauses als Familienwohnsitz 1899 Geburt des Sohnes Bernhard 1913 Heirat der Tochter Ilse, verheiratete Unna 1917 Notabitur des Sohnes Bernhard 1917 Teilnahme des Sohnes Bernhard am Ersten Weltkrieg 1921 Sohn Bernhard promoviert in Jura 1922 Eintritt von Sohn Bernhard in den väterlichen Betrieb 1922 Heirat des Sohnes Ernst mit Nanette Lanzkorn 1922 Heirat des Sohnes Bernhard mit Ilse Heilbronn 1922 Geburt der Enkelin Luise 1923 Geburt der Enkelin Rachel 1925 Geburt der Enkelin Ruth 1926 Geburt des Enkels Walter 1933 Unterbringung der Kinder von Sohn Bernhard in der Schweiz >1933 Sohn Bernhard verteidigt als Jurist KPD-Mitglieder bei Gericht 1935 Haftbefehl gegen Sohn Bernhard wegen Hochverrats 1935 Flucht von Sohn Bernhard und Ehefrau Ilse in die Schweiz 1935 Tod des Sohnes Ernst Karlsberg 1936 Haftbefehl gegen Schwiegertochter Ilse wegen KPD-Mitgliedschaft 1936 Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft von Sohn Bernhard und Ehefrau Ilse 1936 Auswanderung von Schwiegertochter Nanette Karlsberg mit den beiden Kindern nach Palästina 1937 Flucht des Sohnes Bernhard in die Niederlande 1937 Nachzug der Schwiegertochter Ilse und der drei Enkelkinder in die NL 1938 Ehemann kündigt seine Posten als Mitinhaber und Direktor seiner Firma 1938 Verteilung des Vermögens an die Kinder und Geschwister 1938 Nichtinanspruchnahme des englischen Dauervisums 1938 Auswanderung in die Niederlande, zusammen mit Ehemann Moses 1938 Emigration der Tochter Ilse mit ihrem Ehemann nach Palästina 1940 Sohn Bernhard geht in den niederländischen Untergrund 1940 Verhaftung der Schwiegertochter Ilse Karlsberg 1941 Die Kinder von Bernhard und Ilse Karlsberg gehen in den Untergrund 1941 Ihre Schwester Alice wird mit ihrem Ehemann nach Litzmannstadt verschleppt, das weitere Schicksal ist unbekannt 1942 Verschleppung der Schwiegertochter Ilse nach Theresienstadt 1943 Verhaftung und Verschleppung nach Westerbork 1943 Verschleppung und Tod der Schwiegermutter von Sohn Bernhard in Sobibor 1943 Deportation und Tod in der Mordstätte Sobibor 1944 Verschleppung und Tod der Schwiegertochter Ilse in der Mordstätte Auschwitz - Birkenau
Porträtfoto
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Moses Karlsberg, Berthas Ehemann


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Schwiegertochter Ilse Mathilde Karlsberg


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Biografie

Bertha Emilie Simon wurde 1872 in Mainz geboren. Sie war die älteste Tochter des Weingroßhändlers Heinrich Simon und dessen Ehefrau Antonie geborene Strauss. An ihrem 18. Geburtstag lernte Emilie bei einer Reise nach Hamburg ihren späteren Mann Moses Karlsberg kennen. Die beiden hielten Briefkontakt und verlobten sich 1892. In Hamburg grassierte zu dieser Zeit Cholera, die Familie Karlsberg verbrachte deshalb einige Zeit in Frankfurt am Main. Am 19. März 1893 heiratete das Paar dort. Sie kehrten nach Hamburg zurück und wohnten drei Jahre am Hansaplatz gegenüber den Eltern Karlsberg. Danach wohnten sie fünf Jahre in der Grindelallee. 1893 wurde ihre Tochter Ilse geboren, 1895 Sohn Ernst, 1899 Sohn Bernhard.


Ihr Ehemann Moses hatte Jura studiert. Er arbeitete im väterlichen Betrieb, der deutschen Vertretung der Cunard Stream Ship Company, die seit 1849 in den Händen der Familie Karlsberg lag. Nach dem Tod des Schwiegervaters übernahm ihr Ehemann dessen Position. Nach dem Tod ihres Schwiegervaters, kauften sie ein Haus für die Familie in der Klosterallee 8, wo sie mit ihrer Familie 28 Jahre lang lebten. Dort wuchsen die drei Kinder der Familie auf. Moritz und Emilie engagierten sich unter anderem in der Henry-Jones-Loge, dem Humanitären Frauenverein und in der jüdischen Gemeinde. Soziales Engagement war schon in der Familie ihres Ehemannes wichtig und man setzte dies fort.


Ihr Ehemann Moritz Karlsberg baute eine der größten Passagier-Agenturen auf dem europäischen Kontinent für die britische Cunard-Linie aus. Ihr Sohn Bernhard arbeitete ab 1922 ebenfalls in der Firma.




Flucht in die Niederlande

Ehemann Moritz leitete die Agentur bis ins Frühjahr 1938. Nach der Anfrage der Nationalsozialisten bei der Cunard-Line Gesellschaft ob die Leitung des Betriebes in arischen Händen sei, kündigte Moritz seine Stellung als Mitinhaber und Direktor. Von seinem Dezernenten aus Liverpool erhielt er Unterstützung. Man plante gemeinsam seine Auswanderung nach England. Ihr Vermögen verteilten sie unter ihren Kindern und Geschwistern auf. Emilie und ihr Ehemann hatten ein Dauer-Visum für England. Im August 1938 verließen sie Hamburg. Moritz und Emilie gingen aber nicht in das letztlich sichere England, sondern zogen zu ihrem Sohn Bernhard in die Niederlande.


Bertha und Moses Karlsberg wurden am 1. Juni 1943 in das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork gebracht. Sie wurden am 20. Juli 1943 mit dem 19. Transport, der das Lager Westerbork in Richtung der deutschen Mordstätte Sobibor im heutigen Polen verließ, deportiert. Sie waren zu diesem Zeitpunkt 71 und 78 Jahre alt. In diesem Transport befanden sich weitere 2007 Menschen, keiner dieser Menschen überlebte. Moses und Bertha Karlsberg wurden in Sobibor am 23. Juli 1943 unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.




Tochter Ilse Karlsberg

heiratete 1913 den 1888 in Altona geborenen Zahnarzt Alfred Unna. Dem Paar gelang es, im September 1938 nach Palästina auszuwandern. Ilse Unna verstarb 1984 in Israel.




Sohn Ernst Karlsberg

heiratete vermutlich 1922 Nanette Lanzkorn aus Hamburg. Sie bekamen zwei Kinder, Luise und Lina. Ernst Karlsberg starb am 8. Oktober 1935 eines natürlichen Todes. Seine Witwe und die beiden Kinder emigrierten 1936 nach Palästina. Sie erhielten hebräische Namen, aus Luise wurde Lea, aus Lina Rivka. Lea heiratete Aharon Chefetz und lebte bis 1948 im Kibbuz Beit Arava und später im Kibbuz Kabri im Norden von Galiläa. Das Paar bekam drei Kinder. Zu ihrer Familie zählten letztlich ebenso mehrere Enkel und Urenkel. Lea verstarb 2001 in Israel. Zum Schicksal von Rivka ist weiter nichts bekannt.




Sohn Bernhard Karlsberg

Er legte 1917 seinem Notabitur ab und diente noch im 1. Weltkrieg, unter anderem als Übersetzer. Nach dem Krieg begann er sein Studium in Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten in Berlin, Kiel, München und Hamburg. 1921 promovierte er und nahm eine Anstellung in der Firma seines Vaters an. Er betätigte sich politisch in der Kommunistischen Partei Deutschlands.


1922 heiratete die ebenfalls aus Hamburg stammende Kindergärtnerin Ilse Heilbronn. Das Paar bekam in den nächsten vier Jahren drei Kinder, Rahel wurde 1923 geboren, Ruth 1925 und Walter 1926.


Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten verteidigte Bernhard Karlsberg politische Gefangene. 1934 wurde wegen des Verdachts des Hochverrats ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Seine 10-, 8- und 7-jährigen Kinder hatte er bereits vorsorglich in die Schweiz geschickt. Er selbst floh im Januar 1935 und seine Frau wenige Monate später ebenfalls in die Schweiz. Ehefrau und Kinder flohen weiter nach Prag. Bernhard versuchte währenddessen eine Arbeitsgenehmigung in Frankreich oder in den Niederlanden zu bekommen. In der Zwischenzeit wurde ihm und seiner Frau die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Auch gegen seine Ehefrau Ilse wurde Haftbefehl erlassen, ihr wurde die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zur Last gelegt.


1937 gelang es Bernhard eine Arbeitserlaubnis als Rechtsanwalt in den Niederlanden zu bekommen. Er zog nach Amsterdam und wenige Monate später konnten auch seine Frau und die drei Kinder nachkommen. Seine Schwiegermutter Franziska Heilbronn zog im Februar 1939 ebenfalls nach Amsterdam. 1940, nach der Besetzung der Niederlande durch die Nationalsozialisten ging Bernhard in den Untergrund, da der Haftbefehl von 1935 noch immer galt, er engagierte sich im Widerstand. Er überlebte. Die Ehefrau Ilse Mathilde Karlsberg lebte weiter in der Legalität, sie wollte für ihre Mutter und die Schwiegereltern sorgen. Im September 1940 wurde Ilse verhaftet und 1941 ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel gebracht. Nach einigen Wochen wurde sie unter der Auflage von Hausarrest entlassen und wohnte in Hamburg. Am 20. Juli 1942 wurde sie von dort nach Theresienstadt verschleppt und am 19. Oktober 1944 von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie starb.


Die drei Kinder wurden 1940 in ein Flüchtlingslager für deutsch-jüdische Kinder nach Wieringen gebracht. Als das Lager 1941 geschlossen wurde, lebten die Kinder im Untergrund. 1943 wurden die beiden Mädchen Ruth und Rachel an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten verhaftet und nach Westerbork verschleppt. Mit der Hilfe des Vaters und von Freunden konnten sie jedoch fliehen und lebten anschließend wieder im Untergrund, wo auch ihr Bruder Walter den Krieg überlebte. (Eine Aussage der Enkelin Rachel zeigt, wie dramatisch sich für sie die Realität tatsächlich gestaltete. Siehe unten.)


Die Schwiegermutter von Ilse Karlsberg, Franziska Heilbronn, wurde über Westerbork nach Sobibor verschleppt, wo sie am 16. Juli 1943 ermordet wurde.




Aussage der Enkelin Rachel zu ihrer geplanten Deportation aus Westerbork:

Rachel stand für den 4. Februar 1944 auf der Transportliste von Westerbork nach Auschwitz. Sie hatte bereits den Waggon bestiegen, sprang aber wieder hinaus und landete direkt vor den Füßen des Kommandanten von Westerbork. Sie bat ihn höflich nicht mitfahren zu müssen. Der Kommandant schickte sie tatsächlich wieder zurück in ihre Baracke. Beim nächsten Transport, für den sie vorgesehen war, versteckte sie sich in einer nahegelegenen Toilette. Danach konnte sie für zwei Tage im Lager untertauchen. Mit Hilfe anderer Menschen konnte sie fliehen und in den Untergrund gehen.


Aus: Interview USC Shoa Foundation mit Rachel Raven am 19. Januar 1996 in Clifton, New Jersey










Verwendete Dokumente und Literatur

Website des Archivs ITS Arolsen

Website Gedenkbuch des Bundesarchivs

Website zu Stolpersteinen aus Hamburg

Website Joods Monument 

Interview USC Shoa Foundation mit Rachel Raven am 19. Januar 1996 in Clifton, New Jersey

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