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Rosa Rosenstock

geboren am 1. April 1882 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland
ermordet 3. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor

Familie

Schwester: Maria (Minna) Rosenstock geboren am 15. März 1879, Volkmarsen, Hessen, Deutschland gestorben 10. Februar 1907, Volkmarsen, Hessen, Deutschland Bruder: Albert Rosenstock geboren am 4. Juli 1880 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland gestorben am 15. September 1919 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland Mutter: Ricke Rika Rosenstock geboren am 21. August 1841 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland gestorben am 15. April 1899 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland Vater: Hermann Rosenstock geboren am 18. April 1846 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland gestorben am 7. Juli 1897 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland

Lebensdaten

1882 Geburt in Volkmarsen 1897 Tod des Vaters 1899 Tod der Mutter 1907 Tod der Schwester 1919 Tod des Bruders 1934 Selbstmord ihres Schwagers 1938 Flucht der Witwe des Bruders in die USA 1938 Verkauf ihres Hauses , Erlös geht auf ein Sperrkonto 1938 Einweisung in ‚Judenhaus‘ 1939 Zwangszahlung an Finanzamt wg. Hausverkauf 1942 Zwangszahlung für die Deportation in den Osten 1942 Deportation in den Osten und Ermordung in der Mordstätte Sobibor 1942 Auflösung ihres Kontos durch das Finanzamt Kassel
Porträtfoto
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Biografie

Die Familie Rosenstock gab es seit Anfang des 17. Jahrhunderts in Volkmarsen. Seit den 1830er Jahren gab es am Ort eine Synagoge, die 1936 verkauft wurde. 1932 existierten zwei jüdische Wohltätigkeitsvereine, ein Lehrer unterrichtete am Ort jüdische Religion. Die jüdischen Familien trieben Handel oder waren Handwerker. 1933 lebten noch 34 Jüdinnen und Juden in Volkmarsen. 


Rosa Rosenstock wurde in Volkmarsen als jüngste Tochter von Hermann und Rike (Rufname Rika) Rosenstock geboren. Sie hatte zwei Geschwister, ihre drei Jahre ältere Schwester Maria (Rufname: Minna) wurde 1879 geboren, ihr Bruder Albert 1880. Schon in jungen Jahren war sie mit Todesfällen in ihrer Familie konfrontiert. Ihre Mutter verstarb, als Rosa 17 Jahre alt war, ihr Vater, als sie 15 Jahre alt war. Ihre Schwester verstarb 1907 als 28-Jährige, der nun verwitwete Schwager beging 1934 Selbstmord. 


Rosa Rosenstocks Bruder Albert war Weltkriegsteilnehmer und verstarb 1919 an seinen Kriegsverletzungen. Seine Witwe und ihre Tochter emigrierten 1938 bzw. 1940 in die USA. Rosa Rosenstock bewohnte ihr kleines Haus in der Wittmarstraße 10 in Volkmarsen. Ihren Lebensunterhalt verdiente die allein stehende Frau als Putzmacherin. Sie fertigte, reparierte und verkaufte Damenhüte. Am 4. Juli 1938 lieferte Rosa Rosenstock beim Landesleihhaus Kassel “Edelmetalle“ ab, die in einer Nachkriegsaufstellung des Regierungspräsidiums Kassel in der Rubrik „hinterlassenes persönliches Eigentum“ erfasst waren.




Raub, Bevormundung und Einschränkungen

In der Reichspogromnacht, am 9. November 1938, wurde auch ihr Haus angegriffen und die Haustür eingeschlagen. Fünf Tage danach verkaufte sie das Haus unter Wert zum Preis von 2.500 Reichsmark. Ein halbes Jahr später erteilte das Regierungspräsidium Kassel die Genehmigung des Kaufvertrags, allerdings mit Auflagen. Es mussten 600 RM als „Ausgleichszahlung zu Gunsten des Reiches“ geleistet werden. Der Verkaufspreis musste auf das Sperrkonto 1781 bei der Kreissparkasse, auf dem sich ihr gesamtes Erspartes befand, eingezahlt werden. Von diesem Konto durfte Erna Rosenstock monatlich 100 Reichsmark für ihren Lebensunterhalt abheben. 


Nach der Reichspogromnacht wurden die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner Volkmarsens, auch Rosa Rosenstock, beengt im ehemaligen jüdischen Volkmarser Schulhaus konzentriert - diese Maßnahme zielte schon auf die späteren Deportationen ab. Für die Bewohnerinnen und Bewohner dieses „Judenhauses“ gab es eine Reihe von Einschränkungen. Es gab ein nächtliches Ausgangsverbot. Ihnen wurden nur sehr knappe Lebensmittelmarken zugeteilt, sie erhielten weder Milch noch Fleisch noch Eier. Einige wenige christliche Bürgerinnen und Bürger aus Volkmarsen unterstützten sie. Ende 1941 setzten die Deportationen von Jüdinnen und Juden aus Nordhessen in den Osten ein. Den Betroffenen wurde eine Umsiedlung in den Osten vorgegaukelt, wo sie sich eine neue Existenz aufbauen könnten. Aus Kassel fuhren insgesamt drei große Deportationszüge in den Osten.




Rosa muss ihre Deportation selbst bezahlen

Am 27.5.1942 wurden auf Veranlassung der Finanzbehörde, vom Sperrkonto von Rosa Rosenstock 1.700 Reichsmark an die „Reichsvereinigung der Juden“ für ihren Abtransport in den Osten überwiesen. Rosa Rosenstock wurde zum 30.5.1942 in die „Sammelstelle“ in der Turnhalle des Schulkomplexes in der Kasseler Schillerstraße bestellt. Dort wurde sie registriert und ihr Gepäck durchsucht. 


Am Morgen des 1. Juni 1942 wurde sie mit insgesamt 508 Jüdinnen und Juden aus dem Bezirk der Geheimen Staatspolizei Kassel zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Die Streckenführung von „Da 57“ verlief von Hanau u.a. über Kassel und Halle nach Sobibor. Mit diesem Deportationszug wurden etwa 1.000 Juden und Jüdinnen aus über siebzig verschiedenen Orten v.a. aus Hessen und Sachsen-Anhalt in den Osten verschleppt. Der Zielbahnhof des Transportzuges, in dem sich Rosa Rosenstock befand, war Izbica. Izbica war ein jüdisches Sztetl im „Distrikt Lublin“, mit etwa 7.000 Einwohner*innen, davon 80 Prozent jüdischen Glaubens. Izbica war für insgesamt 27.000 Jüdinnen und Juden eines von über zwanzig „Durchgangsghettos“ im „Distrikt Lublin“ im Generalgouvernement. Hier wurden die verschleppten Menschen für die geplante Ermordung konzentriert und in neuen Transporten zusammengefasst, damit einhergehend wurden hier die Todgeweihten ihrer letzten kläglichen Habe beraubt. In Izbica kamen etwa 7.500 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich an, etwa 20.000 kamen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei und Luxemburg. Allerdings war das erste Ziel des Sonderzugs „Da 57“ nicht wie angegeben Izbica, sondern das Anschlussgleis zum Zwangsarbeitslager „Alter Flughafen“ in Lublin. Dort wurden aus dem Transport etwa 115 junge, starke Männer zur Zwangsarbeit für das Todes- und Konzentrationslager Majdanek ausgewählt und die Gepäckwagen mit dem schweren Gepäck abgekoppelt. 


Der Sonderzug „Da 57“ fuhr vom Anschlussgleis“ Alter Flughafen“ auf direktem Weg nach Sobibor, wo er am 3. Juni 1942 ankam. Die sechzigjährige Rosa Rosenstock aus Volkmarsen wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Zwei Wochen nach Rosas Deportation zog das Finanzamt Kassel-Innenstadt die restlichen 2.572,30 RM vom Sperrkonto von Rosa Rosenberg ein. (Im Wiedergutmachungsverfahren 1954 wurden der Erbin 340 DM als Entschädigung für die geleisteten Transportkosten in den Tod von Rosa Rosenstock zugestanden.)




Verwendete Dokumente und Literatur

Website des Archivs ITS Arolsen

Website Gedenkbuch des Bundesarchivs

Website Joods Monument 

Website Statistik des Holocaust 

Website Alemannia Judaica

Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 

Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 

Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 

Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Klein, Ernst, Volkmarsen, Was geschah mit dem Eigentum der Rosa Rosenstock?, unveröffentlichtes Manuskript, ohne Datumsangabe 

Kammler, Jörg u.a., Hg., Volksgemeinschaft und Volksfeinde, Kassel 1933 – 1945, Bd. I und II, 1984 und 1987 

Klein, Ernst in: Waldecksche Landeszeitung vom 16.8.2012 

Kleinert, Beate und Prinz, Wolfgang, Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945, Ein Gedenkbuch, Hg. Magistrat der Stadt Kassel-Stadtarchiv, 1986 

Lilienthal, Marion u.a. (Hg.), Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P., Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg 1941/1942, Riga, Sobibor/Majdanek, Theresienstadt, 2013 




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