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Hermine Rothschild, geborene Katz

geboren am 4. August 1877 in Korbach, Hessen, Deutschland
ermordet am 03. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor

Familie

Ehemann: Rothschild, Alfred geboren am 04. Oktober 1871 in Vöhl, Hessen, Deutschland gestorben am 13. September 1939 in Korbach Sohn: Rothschild, Richard Moritz geboren am 12. Mai 1905 in Vöhl, Hessen, Deutschland verstorben 23. Januar 2006 in Rehovot in Israel Vater: Salomon Katz geboren am 7. Oktober 1844 in Goddelsheim, Hessen, Deutschland gestorben am 13. November 1929 in Korbach, Hessen, Deutschland Mutter: Johanna Katz geboren am 15. März 1855 in Korbach, Hessen, Deutschland umgekommen am 26. September 1942 im Ghetto Theresienstadt Bruder: Siegfried Katz geboren am 20. Juli 1879 in Korbach, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 im deutschen Mordlager Sobibor Schwester: Emma Hirsch, geborene Katz geboren am 2. Januar 1882 in Korbach, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 im deutschen Mordlager Sobibor Schwester: Meta Neuhahn, geborene Katz geboren am 11. September 1883 in Korbach, Hessen, Deutschland gestorben am 10. April 1923 in Grebenstein, Hessen, Deutschland Schwester: Margarethe Katz geboren am 29. November 1885 in Korbach, Hessen, Deutschland ermordet am 24. Januar 1943 im Konzentrations- und Mordlager Auschwitz-Birkenau

Lebensdaten

1877 Geburt in Korbach 1879 Geburt des Bruders Siegfried 1882 Geburt der Schwester Emma 1883 Geburt der Schwester Meta 1885 Geburt der Schwester Margarete 1904 Heirat mit Alfred Rothschild 1905 Geburt des Sohnes Richard ab 1910 ihr Ehemann ist Mitglied des Gemeinderats 1914 ihr Ehemann nimmt als Soldat am 1. Weltkrieg teil 1923 Tod der Schwester Meta, verheiratete Neuhahn 1933 Inhaftierung von Sohn Richard für zwei Wochen 1934 Flucht der Nichte Else Hirsch nach Palästina 1934 Hochzeit des Sohnes Richard 1934 Schwager Maximilian Hirsch stirbt am 27. April in Sachsenhausen 1935 Flucht des Sohnes und der Schwiegertochter nach Palästina 1937 Rückkehr der Schwester Emma aus Sachsenhausen 1937 Flucht des Neffen Bernhard Hirsch nach Palästina 1938 ‚Verkauf‘ ihres Gasthauses und zweier Grundstücke unter Preis 1938 Inhaftierung des Ehemanns im Konzentrationslager Buchenwald 1939 Tod des Ehemanns infolge der Konzentrationslagerhaft 1941 Zwangsunterbringung bei ihren jüdischen Nachbarn in Vöhl 1941 Verhaftung des Bruders Siegfried und seiner Ehefrau in Wrexen 1942 Deportation des Schwagers Moritz Neuhahn nach Theresienstadt 1942 Deportation und Ermordung in Sobibor, gemeinsam mit Schwester Emma, Bruder Siegfried und Schwägerin Hedwig 1942 Deportation von Mutter und der Schwester Margarete nach Theresienstadt 1942 Tod der Mutter in Theresienstadt 1943 Verschleppung der Schwester Margarete von Theresienstadt nach Auschwitz, Tod in Auschwitz – Birkenau 1944 Tod des Schwagers Moritz Neuhahn in Auschwitz - Birkenau
Porträtfoto
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Das Gasthaus der Familie in Vöhl

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Hermine mit ihrem Ehemann Alfred und Gästen vor dem Gästehaus

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Richard Rothschild, Hermines Sohn

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Biografie

Hermine Katz wurde am 4. August 1877 als älteste Tochter von Salomon Katz und seiner Ehefrau Johanna in Korbach geboren. Salomon Katz betrieb einen Getreidehandel und eine Kornbrennerei in Korbach. Zusammen mit ihren vier jüngeren Geschwistern Siegfried, Jahrgang 1879, Emma, Jahrgang 1882, Meta, Jahrgang 1883 und Margarete, Jahrgang 1885, wuchs sie im Haus der Eltern in der Lengefelder Straße 11 auf. Ihre Schwester Meta, verheiratete Neuhahn, verstarb 1923.


Am 4. Juli 1904 heiratete Hermine in Korbach den Kaufmann Alfred Rothschild. Das Paar wohnte zunächst im Haus der Eltern in Korbach und zog später ins benachbarte Vöhl. Die Familie lebte in der Arolser Straße 87 bzw. 88, später Hausnummer 2. Ehemann Alfred ist 1936 als Eigentümer des Hauses Nr. 88 registriert. In Vöhl bewirtschafteten sie zusammen den stattlichen Gasthof „Prinz Wilhelm“ in der Basdorfer Str. 1 und führten ein Geschäft mit Kolonialwaren im selben Haus. Die jüdische Religion spielte für sie eine untergeordnete Rolle. Nach späteren Aussagen ihres Sohnes waren sie sogenannte „3-F-Juden“, die nur die drei großen jüdischen Feiertage begingen, das waren Rosch ha-Schana, Jom Kippur und Sukkot. Ein Jahr nach ihrer Hochzeit wurde ihr Sohn Richard geboren.


Die Familie scheint völlig in den dörflichen Alltag integriert gewesen zu sein. Alfred Rothschild beispielsweise war in den Gemeinderat gewählt worden. Während des Ersten Weltkrieges diente er in der Reichswehr und wurde mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. 1921 beteiligt er sich als Stifter am Kriegerdenkmal Vöhl. Hermine kümmerte sich in der Zeit der Abwesenheit ihres Ehemannes allein um den Gasthof, das Geschäft und den Sohn. Luise Siegmann, eine Angestellte, berichtete nach dem Krieg, dass Hermine das Regiment in der Küche führte und ausgezeichnet kochte. Die jungen Mädchen hätten viel von ihr lernen können.


Ehemann Alfred Rothschild war Mitglied in mehreren Vöhler Vereinen. Unter anderem war er einer der Regisseure einer Laienschauspielgruppe. Der Sohn Richard Rothschild besuchte das Fürstliche Landesgymnasium in Korbach.


Als Anfang 1933 den Nationalsozialisten die Macht übergeben wurde, hatte dies bald Auswirkungen auf die Familie Rothschild. Bei den Kommunalwahlen am 5. März 1933 erhielt ihr Ehemann Alfred zu wenige Stimmen von seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern für einen Sitz im Gemeinderat.




Sohn Richard

Im Juni 1933 wurde Sohn Richard verhaftet und für zwei Wochen im Frankenberger Gefängnis eingesperrt. Einen Monat später wurde eine Liste von 35 Personen zu beobachtenden Personen aus dem Kreisgebiet erstellt, zu diesen zählte auch Richard Rothschild. Er entschied sich für eine Emigration nach Palästina. In einer „Hachschara“, einem Vorbereitungslager für die Auswanderung nach Palästina, bereitete er sich in Grüsen auf eine landwirtschaftliche Tätigkeit in Palästina vor. In Grüsen lernte er seine Frau Gerda kennen und sie heirateten am 1. Dezember 1934. Im Januar 1935 verließ er seine Eltern, Vöhl und Deutschland und ging zusammen mit seiner Frau nach Palästina. Beide starben im hohen Alter in Israel.




Nach 1938

Hermine und Alfred Rothschild spürten die Ablehnung ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger auch in ihrem Gasthaus sehr schnell, die Kunden blieben weg. Schließlich musste 1939 ihr Gasthof und zwei ihrer Grundstücke abgegeben werden. In einer Vermögensaufstellung wurde unter dem 3. Oktober 1947 als letztes verbliebenes Vermögen von Hermine Rothschild ein Ackergrundstück von eineinhalb Hektar zum Wert von 7.000 RM angegeben.


Im August 1938 verkaufte die jüdische Gemeinde gezwungenermaßen die Synagoge am Ort. Von den verbliebenen 13 jüdischen Gemeindemitgliedern waren drei Männer, es konnte kein Gottesdienst mehr stattfinden. Alfred Rothschild wurde beauftragt, die Verhandlungen für die jüdische Gemeinde zu führen. Für ein Spottgeld wurde die Synagoge veräußert. Das Geld ging auf ein Sperrkonto, über das die jüdische Gemeinde nicht mehr verfügen konnte.


Nach der Reichspogromnacht 1938 wurde der inzwischen 67-jährige Ehemann Alfred Rothschild verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Erst am 5. September 1939 kehrte Alfred Rothschild schwer krank zurück nach Vöhl. Der Hausarzt konnte keine äußerlichen Verletzungen feststellen. Hermine Rothschild zog vorübergehend mit ihrem Mann nach Korbach ins Hinterhaus des elterlichen Anwesens. Am 13. September 1939 verstarb ihr Mann Alfred Rothschild. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof in Korbach beigesetzt. Hermine zog zurück nach Vöhl. Vermutlich wurde sie zwangsweise bei ihren Nachbarn untergebracht. Die letzte Anschrift vor ihrer Deportation war die Mittelgasse 7, das Haus der jüdischen Familie Mildenberg.


Hermines Schwester Emma Katz hatte am 30.1.1901 den im hessischen Sachsenhausen geborenen Kaufmann Maximilian Hirsch geheiratet. Aus ihrer Ehe gingen drei Kinder hervor. 1934 verstarb ihr Mann im Dorf Sachsenhausen. Die drei Kinder wanderten nach Palästina und Schweden aus und entkamen so der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. 1937 zog Emma Hirsch nach Korbach zurück ins elterliche Anwesen.


Im Herbst des Jahres 1941 mussten Hermines Mutter Johanna Katz, ihre Schwester Emma Hirsch und ihre unverheiratete Schwester Margarete das Anwesen in Korbach in der Lengefelder Straße 11 verlassen und in das „Judenhaus“ Kirchstraße 13 umziehen.




Deportation nach Sobibor

Anfang April 1942 erfuhren die Schwestern Hermine Rothschild und Emma Hirsch von ihrer geplanten „Umsiedlung in den Osten“. Am 29. Mai 1942 begaben sich die beiden Schwestern nach Kassel. Dort wurden sie in die `Sammelstelle´ in der Turnhalle des Schulkomplexes in der Kasseler Schillerstraße gebracht. Hier wurden sie registriert und auf Wertsachen durchsucht. Hermine Rothschild und ihre Schwester Emma Hirsch wurden am Morgen des 1. Juni 1942 mit 506 anderen jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus dem Geheimen Staatspolizei Bezirk Kassel mit dem Sonderzug „Da 57“, über Halle und Chemnitz, wo weitere hunderte Menschen in den Zug zusteigen mussten, deportiert. Der Zug erreichte am 3. Juni 1942 Sobibor. Die beiden Schwestern wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Sobibor ermordet.


Der Bruder Siegfried Katz hatte am 11.6.1911 die in Göttingen geborene Hedwig Plaut geheiratet. Nach dem Tod seines Vaters hatte Salomon Katz dessen Betrieb in Korbach übernommen. Die Eheleute wurden am 26. September 1941 in das Sammellager Wrexen gebracht. Von hier aus wurden sie Ende Mai 1942 in die `Sammelstelle´ in der Turnhalle des Schulkomplexes in der Kasseler Schillerstraße gebracht und mussten denselben Deportationszug wie Hermine und Emma besteigen. Der Zug erreichte am 3. Juni 1942 Sobibor, wo auch Siegfried und Hedwig Katz unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet wurden.




Mutter Johanna und Schwester Margarete Katz

Die Schwester Margarete Katz und die Mutter Johanna Katz wurden etwa drei Monate später, am 7.9.1942, von Kassel aus mit weiteren 753 jüdischen Menschen nach Theresienstadt deportiert. Johanna Katz starb im Konzentrationslager Theresienstadt am 26.9.1942. Ihre Tochter Margarete wurde am 23. Januar 1943 in das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Es ist davon auszugehen, dass die 58-Jährige direkt nach ihrer Ankunft am 24. Januar 1943 ermordet wurde.




Verwendete Dokumente und Literatur

Bundesarchiv Gedenkbuch

ITS Archiv Arlosen

Statistik des Holocaust

Website Synagoge Voehl

Gottwald, Alfred und Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005

Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018

Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998



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