Emma `Emmy´van Hoorn
geboren am 27. August 1928 in Delft, Südholland, Niederlande
ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor
Familie
Lebensdaten
Emma steht in der hinteren Reihe, das zweite Mädchen von rechts. Vor ihr Reni Seidels. Links außen in der 2. Reihe ihr Bruder Berend, Vorn in der Mitte mit dem karierten Kleid Karin Selowsky
Mutter Hilda
Emma und Berend
Emmas Eintrag in das Posiealbum ihrer Freundin Reni Jeidels
Biografie
Emma Van Hoorn wurde 1928 in Delft in den Niederlanden geboren. Ihre Mutter Hilda Katz war bereits Anfang der 1920er Jahre in die Niederlande verzogen. Die Familie wohnte in Delft. Ihr Vater Maurits van Hoorn hatte studiert und arbeitete als Lehrer an der Universität am Rotterdamsche Weg. Zusätzlich unterrichtete er Deutsch an der Handelsabendschule.
Nach ihrer Geburt im August 1928 zog die kleine Familie in ein eigenes Häuschen in die Juliana Laan 54. Zwei Jahre später kam ihr Bruder Berend zur Welt. Ihre Mutter nannte ihren Vater ’Mo‘, sie buk gerne Butterkuchen und sorgte liebevoll für ihre Kinder.
Ihre Mutter Hilda hatte Schwierigkeiten mit der niederländischen Sprache, so tat sie sich gerne mit deutschsprachigen Nachbarinnen zusammen. Das waren die Familie Anne und Kurt Jeidels aus Berlin und die Familie Eleonora und Oskar Selowsky aus Dresden. Erwachsene und Kinder, so auch Emma, pflegten einen freundschaftlichen Umgang. Emma van Hoorn und Reni Jeidels waren beste Freundinnen. Anne Jeidels beschrieb Emma als ein tapferes sommersprossiges Mädchen mit schwarzen Locken, die es liebte Witze zu erzählen. Die beiden Mädchen besuchten dieselbe Grundschule Nr. 11 in der Van Spreyk Straat, waren aber nicht in einer Klasse. Ihr Bruder Berend wurde Beertje gerufen. Er war ein fröhlicher Junge, er besuchte die Grundschule zusammen mit Karin Selowsky aus der Nachbarschaft.
Nach der deutschen Besetzung der Niederlande
1940, als die Deutschen die Niederlande besetzten, gab es etwa 140.000 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner in den Niederlanden, davon waren an die 15.000 jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Etwa 75 Prozent der jüdischen niederländischen Bevölkerung fiel dem Holocaust zum Opfer, vor allem in den Mordstätten Sobibor und Auschwitz.
Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht wurde Emmas Vater Maurits van Hoorn verboten, weiter an der Hochschule zu unterrichten. Er nahm eine Stelle an der jüdischen Schule in Den Haag an. Auch Emma und Berend durften nicht mehr in der öffentlichen Schule am Unterricht teilnehmen. Sie besuchten ab 1941 ebenfalls die jüdische Schule in Den Haag.
Im Januar 1943 mussten Emma und ihre Familie innerhalb von drei Tagen ihr Haus verlassen. Danach wurde es von einem deutschen Offizier bewohnt. Emma und ihre Familie fanden Unterschlupf bei den Selowskys in der Julianalaan 74.
Verhaftung und Deportation
Wenige Wochen später wurden die beiden Elternpaare van Hoorn und Selowsky von der niederländischen Polizei abgeholt. Emma, Berend, Peter und Karin hatten keinen Platz mehr im Auto, das die Eltern wegholte. Also liefen die Kinder gemeinsam zu Fuß zur Polizeistation zu ihren Eltern. Von der Polizeistation aus wurden die beiden Familien gemeinsam mit der Großmutter Jenny Jeidels in das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork gebracht. Emma van Hoorn schrieb am 9. März 1943 an die Familie ihrer Freundin Reni Jeidels noch einen letzten ergreifenden Brief aus Westerbork, in dem es um versteckte Lebensmittel in ihrem zurückgelassenen Hausstand geht (siehe unten).
Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen der niederländischen Juden und Jüdinnen und der jüdischen Flüchtlinge in die deutschen Mordstätten. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor.
Am 23. März 1943 mussten Emma, ihr Bruder und die Eltern in Westerbork einen Deportationszug besteigen. Mit weiteren 1246 jüdischen Menschen wurden sie in das deutsche Mordlager Sobibor im heutigen Ostpolen verschleppt. Nach einer dreitägigen Zugfahrt in überfüllten Waggons kamen sie am 26. März 1943 in Sobibor an. Sie und ihre Familie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet.
Die Familie Selowsky war bereits zwei Wochen vorher mit ihren beiden Kindern und der Großmutter von Reni, Jenny Jeidels, nach Sobibor verschleppt und dort ermordet worden.
Ihre Mutter hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Eine Schwester, Emmas Tante Emilie, verstarb 1938 in Winschoten, die zweite Schwester der Mutter Henni Irma wurde mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in der Mordstätte Auschwitz ermordet. Der Bruder, Onkel Erich Sally Katz, wurde wie seine Ehefrau in Auschwitz ermordet, einer seiner Söhne starb kur nach der Befreiung in Bergen-Belsen, der zweite Sohn überlebte.
Ihr Vater hatte drei Geschwister, ihr Onkel Carel Jacob verstarb bereits mit zehn Jahren, die Tante Grietje wurde 1943 in Sobibor ermordet, die Tante Estella Carolina 1942 in Auschwitz -Birkenau. Nur ein Neffe des Vaters überlebte die Zeit des Krieges.
Brief von Emmy an Hoorn aus Westerbork
"Westerbork, 9-3-43
Liebe Familie Jeidels …
Im Auftrag von Mutter schreibe ich, da sie so müde ist. …. Jetzt sind wir hier. Mutter sitzt hier ohne Stopffaden und ohne Nadeln. Auch keine Butter, weil … sie noch im Keller liegt. Im dunklen Schrank in Mutters Schlafzimmer stehen auch 3 Marmeladengläser. Ein kleiner Käse liegt im Kleiderschrank der Mutter auf dem Dachboden. Gegenüber diesem Schrank steht ein Koffer mit etwas Tee. Wir hätten alles so gerne hier. Im dunklen Schrank im Schlafzimmer der Mutter hängt Mutters Bademantel und darunter ein Kleid, das diese Mutter für die Arbeit haben wollte. Im Keller steht auch eine Dose mit Margarine … in einem grünen Buttertopf. … Und auch Haarnadeln und Sicherheitsnadeln, die in einer Sirupdose auf Mutters Nachttisch liegen. Mutter hat gerade mit deiner Schwiegermutter gesprochen. (Emmy meint meine Großmutter Jenny Jeidels-Stamm …) Sie ist sehr stark, ebenso Frau Feldmann (Jennys Schwester Lina), letztere ist sehr stark. Die Delfter sind alle zusammen in einer Baracke. … Wir dürfen einmal alle 14 Tage schreiben. Jetzt muss ich Schluss machen. Grüßen Sie alle Bekannten.
Nun liebe Familie … Grüße von uns allen und einen Kuss von Emmy.
P.S. Mach dir keine Sorgen um deine Schwiegermutter und Tante. Sie halten sich sehr gut. Möchten Sie auch Father's Shaver benutzen? Wir besuchen oft Onkel Erich, du kennst Mutters Bruder."
Emmys Mutter, Hilda van Hoorn-Katz, schreibt noch einige Zeilen: „Ich bin am Boden, alle Lebensmittel sind zurückgelassen worden. Ich hoffe, dass einige davon nachgeschickt werden können.“ Unter dem Bademantel hängt ein Kleid mit Knöpfen … das hätte mir gefallen. Auf dem Nachttisch oben steht eine Schachtel mit Haarnadeln etc. Mit freundlichen Grüßen H. van Hoorn.“
Auf der Rückseite des Umschlags an der Absenderstelle steht: "M. van Hoorn und Katz, Barak 67, Westerbork (Dr)" …
Verwendete Dokumente und Literatur