
Nathan Nordhäuser
geboren am 09. August 1880 in Wüstensachsen, Hessen, Deutschland
ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor
Familie
Lebensdaten




Nathans Schwester Rosa


Biografie
Nathan Nordhäuser wurde am 09. August 1880 als Sohn von Babette und Leymann Nordhäuser in Wüstensachsen geboren. Er hatte drei Brüder und vier Schwestern, er war der Älteste. Sein Vater war Kaufmann und Händler von Beruf.
In Wüstensachsen lebten schon seit dem 17. Jahrhundert jüdische Familien. Es gab zeitweise eine Synagoge, eine jüdische Schule, ab 1903 ein Schulhaus, ein rituelles Bad und einen jüdischen Friedhof. Es gab einen Lehrer, der auch Kantor und Schächter war. 1933 lebten116 Jüdinnen und Juden in Wüstensachsen. 22 Mitglieder, sieben Kinder, sechs Schwiegertöchter und Schwiegersöhne und neun Enkel der Familie Nordhäuser aus Wüstensachsen wurden von den Nationalsozialisten ermordet.
Nathan Nordhäuser war von Beruf Viehhändler. Er heiratete 1920 Selma Bravmann aus Unteraltertheim, die jüngere Schwester der Ehefrau seines Bruders Jonas. Nathan und seine Frau Selma hatten drei Töchter. Babette wurde 1921, Lora 1922 und Rosi 1927 geboren.
Nach 1933
Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten verschlechterte sich das Leben der Familie zusehends. Der ausgerufene Boykott gegenüber jüdischen Händlern und das Verbot des Schächtens kostete sie ihre Existenz. Nathans Familie musste 1937 das elterliche Haus verkaufen. Die Familie wurde nach Fulda umgesiedelt. Dort konnte ihre jüngste Tochter Rosi die Israelitische Volksschule besuchen.
Tochter Rosi wurde 1939 mit einem Kindertransport in die Niederlande gebracht, wo sie in verschiedenen Kinderheimen lebte. Erst am 14. Mai konnte Rosi noch mit einem Schiff nach England gelangen. Der Krieg gegen die Niederlande lief zu diesem Moment schon seit einigen Tagen. Das elfjährige Mädchen überlebte als einzige der Familie den Holocaust. Über ihren weiteren Lebenslauf ist wenig bekannt. Sie verließ England 1947 und wanderte nach New York aus. Sie lebte als verheiratete Rose Bonder in Hartford im US-Bundesstaat Connecticut.
Nathan, seine Frau Selma und seine übrige Familie flohen von Fulda aus nach Frankfurt am Main.
Nathan flüchtete weiter zu seiner jüngeren Schwester Zeffi van der Sluis, die bereits in s’Hertogenbosch in den Niederlanden lebte. Frau und Töchter wollte er nachholen. Es könnte sein, dass Nathan im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert war, eventuell floh er deshalb ohne Frau und Kinder in die Niederlande.
Deutsche Besatzung der Niederlande
Im Mai 1940 besetzten die Nationalsozialisten die Niederlande. Sie begannen sofort nach ihrem Einmarsch mit ihren antijüdischen Maßnahmen. Nathan Nordhäuser wurde im 22. April 1943 im Durchgangslager Westerbork festgesetzt und einige Tage später, am 27.4.1943, in die Mordstätte Sobibor verschleppt. Der Transport erreichte Sobibor am 30. April. Nathan Nordhäuser wurde unmittelbar nach seiner Ankunft ermordet.
Die Verfolgung und Ermordung der Familie
Nathans Frau Selma wurde mit einem Sammeltransport im September 1942 von Frankfurt nach Theresienstadt deportiert. Selma erhielt die Nummer 378 auf der Transportliste, ihre Töchter sind nicht verzeichnet. Selma überlebte 19 Monate.Sie starb in Theresienstadt am 28. März 1944. Das genaue Schicksal der Töchter Babette und Hannelore ist nicht belegt. Sicher ist, dass auch sie auch 1942 „in den Osten“ deportiert und ermordet wurden, vermutlich in Sobibor.
Nathans jüngster Bruder Sigmund wurde als deutscher Soldat am 10. Mai 1916 in Verdun getötet. An ihn erinnert das Kriegerdenkmal in Wüstensachsen.
Sein Bruder Jonas, dessen Frau Jenny und Schwester Rosa Oppenheim wurden am 11./12. November 1941 nach Minsk deportiert. Sie kamen fünf Tage später im Ghetto an. Die Umstände und das Datum ihres Todes sind nicht bekannt.
Schwester Regina Goldschmidt wurde mit Ehemann Simon am 3. Juni 1942 in Sobibor ermordet. Ihre Söhne Karl und Josua Kurt Goldschmitt wurden 1942 nach Auschwitz in den Tod deportiert.
Nathans Schwester Rosa Oppenheim lebte 1939 in Bad Hersfeld. Ihr Ehemann fiel bereits 1917 im Ersten Weltkrieg. Rosas beiden Söhnen gelang es noch rechtzeitig in die USA auszuwandern. Rosa wurde, wie ihr Bruder Jonas, am 12. November 1941 von Frankfurt/Main ins Ghetto Minsk verschleppt. Wann und wo sie genau ermordet wurden, ist nicht bekannt.
Nathans Schwester Zeffira wurde mit Mann und ihrer jüngsten Tochter Adelheid Anfang April 1942 in das Konzentrationslager Vught verbracht. Am 6. Juni wurden alle Kinder aus Vught über Westerbork nach Sobibor verschleppt. Dem sogenannten Kindertransport aus Vught mussten sich auch Nathans Schwester und ihre jüngste Tochter Adelheid anschließen. Zeffiras Ehemann wurde im Herbst 1943 mit Tochter Babetta über Westerbork nach Auschwitz verschleppt, wo sie ermordet wurden. Zeffiras ältester Sohn Bernhard wurde zusammen mit seiner Ehefrau im Juli 1943 in Sobibor ermordet. Zwei ihrer Kinder konnten die deutsche Besatzung in den Niederlanden überleben.
Nathans Schwester Rebekka Renate Honi (verheiratet mit Julius Honi), und Bruder Max (verheiratet mit Irma) zogen 1927 nach Hadamar. Sie wurden am 11. Juni 1942 ab Frankfurt in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Max‘ und Irmas Sohn Ludwig wurde am 17. September 1942 in Majdanek ermordet. Rebekkas und Julius‘ Tochter Brunhilde Friedericke wurde am 05. März 1943 in Sobibor ermordet.
Verwendete Dokumente und Literatur
Redemanuskript von Hans-Jürgen Auth, erstellt anlässlich der Gedenksteinsetzung im Museum Sobibor am 25.4.2025, Archiv Bildungswerk Stanislaw Hantz e.V.
Alemannia-judaica - Wüstensachsen
Gemeinde Ehrenberg - jüdische Geschichte
Stolpersteine_in_Ehrenberg (Wikipedia)
Inge Hohmann, Wüstensachsen – 300 Jahre Heimat von Christen und Juden, Parzellers Buchverlag Fulda, 2024