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- Hoorn van | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Berend `Beertje´van Hoorn geboren am 10. Januar 1931 in Delft, Südholland, Niederlande ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Mutter: Hilda Hoorn geboren am 15. Januar 1895 in Langenholzhausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Vater: Maurits van Hoorn geboren am 27. Januar 1891 in t´Zandt, Groningen, Niederlande ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Schwester: Emma van Hoorn, Rufname Emmy geboren am 27. August 1928 in Delft, Südholland, Niederlande ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Lebensdaten 1922 Umzug der Mutter nach Delft 1928 Geburt der Schwester Emma 1931 Geburt 1938 Tod der Tante Emilie-Kroon 1939 Flucht des Onkels Erich-Sally Katz mit Familie in die Niederlande 1940/1941 Vater verliert seine Arbeit an der Universität 1941/1942 Vater wird Lehrer an der jüdischen Schule in Den Haag 1941/1942 Schulverbot und Umschulung in die jüdische Schule in Den Haag 1942 Tod der Tante Estella-Carolina in der Mordstätte Auschwitz-Birkenau, zusammen mit Ehemann und drei Kindern 1943 Ermordung der Tante Henni Irma Kroon in Auschwitz 1943 Verhaftung der Familie 1943 Inhaftierung in Westerbork 1943 Ermordung von Berend van Hoorn, seinen Eltern und seiner Schwester in Sobibor 1943 Ermordung der Tante Grietje Minco in Sobibor 1943 Ermordung des Onkel Erich Sally Katz in Auschwitz nächste links außen in der 2. Reihe Berend, seine Schwester Emma steht in der hinteren Reihe, das zweite Mädchen von rechts. Vor Emma Reni Jeidels, vorn in der Mitte mit dem karierten Kleid Karin Selowsky Mutter Hilda Emma und Berend Berend mit seiner Schwester Emma, links ihre Freundin Reni Jeidels Biografie Berend Van Hoorn wurde 1931 in Delft in den Niederlanden geboren. Seine Mutter Hilda Katz war bereits Anfang der 1920er Jahre in die Niederlande ausgewandert. Seine Eltern waren schon 1922 nach Delft umgezogen. Nach der Geburt der Schwester Emma, im August 1928, bewohnte die kleine Familie ein eigenes Häuschen in die Juliana Laan 54. Sein Vater Maurits van Hoorn hatte studiert und arbeitete als Lehrer an der Universität am Rotterdamsche Weg. Zusätzlich unterrichtete er Deutsch an der Handelsabendschule. Seine Mutter nannte seinen Vater ’Mo‘, sie buk gerne Butterkuchen und sorgte liebevoll für ihre Kinder. Seine Mutter Hilda stammte aus Deutschland und hatte Schwierigkeiten mit der niederländischen Sprache, so tat sie sich gern mit deutschsprachigen Nachbarinnen zusammen. Das waren die Familie Anne und Kurt Jeidels aus Berlin und die Familie Eleonora und Oskar Selowsky aus Dresden. Erwachsene und Kinder, so auch Berend, pflegten einen freundschaftlichen Umgang. So schauten beispielsweise beide van-Hoorn-Kinder bei den Nachbarn gerne den geschmückten Christbaum an, den es zuhause nicht gab. Sein Rufname war Beertje und Bär. Er wird als ein fröhlicher Junge beschrieben. Als Beertje noch zu klein war, um an die Türklingel zu kommen, rief er durch den Briefkasten: öffnen, öffnen. Kinder, die später in das Haus der Van Hoorns zogen, taten es ihm gleich und riefen wie er, öffnen, öffnen. Berend besuchte die Grundschule zusammen mit Karin Selowsky aus der Nachbarschaft. Seine Schwester Emma und Reni Jeidels waren beste Freundinnen. Anne Jeidels beschrieb Schwester Emma als ein tapferes sommersprossiges Mädchen mit schwarzen Locken, die es liebte Witze zu erzählen. Die beiden Mädchen besuchten dieselbe Grundschule Nr. 11 in der Van Spreykstraat. Die deutsche Besatzung 1940, als die Deutschen die Niederlande besetzten, gab es etwa 140.000 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner in den Niederlanden, davon waren an die 15.000 jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Etwa 75 Prozent der jüdischen niederländischen Bevölkerung fiel dem Holocaust zum Opfer, sie wurden vor allem in die Mordstätten Sobibor und Auschwitz verschleppt. Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht wurde Bernds Vater Maurits Van Hoorn verboten, weiter an der Hochschule zu unterrichten. Er nahm eine Stelle an der jüdischen Schule in Den Haag an. Auch Berend und Emma durften nicht mehr in der öffentlichen Schule am Unterricht teilnehmen. Sie besuchten ab 1941 ebenfalls die jüdische Schule in Den Haag. Im Januar 1943 mussten Berend und seine Familie innerhalb von drei Tagen ihr Haus verlassen. Danach wurde es von einem deutschen Offizier bewohnt. Berend und seine Familie fanden Unterschlupf bei den Selowskys in der Julianalaan 74. Verhaftung und Deportation Wenige Wochen später wurden die beiden Elternpaare van Hoorn und Selowsky von der niederländischen Polizei abgeholt. Berend, Emma, Peter und Karin hatten keinen Platz mehr in dem Auto, das die Eltern wegholte. Also liefen Berend und die drei anderen Kinder zu Fuß zur Polizeistation zu ihren Eltern. Von der Polizeistation aus wurden die beiden Familien gemeinsam mit Renis Großmutter Jenny Jeidels in das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork gebracht. Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen der niederländischen Jüdinnen und Juden und der jüdischen Flüchtlinge in die deutschen Mordstätten. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor. Am 23. März 1943 mussten der zwölfjährige Berend, seine Schwester und die Eltern in Westerbork einen Deportationszug besteigen. Mit weiteren 1246 jüdischen Menschen wurden sie in das deutsche Mordlager Sobibor im heutigen Ostpolen verschleppt. Nach einer dreitägigen Zugfahrt in überfüllten Waggons kamen sie am 26. März 1943 in Sobibor an. Berend Van Hoorn und seine Familie wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. Die Familie Selowsky war bereits Anfang März 1943 mit ihren beiden Kindern und der Großmutter Jenny Jeidels nach Sobibor verschleppt und dort ermordet worden. Geschwister der Eltern Seine Mutter Hilda Katz hatte zwei Schwestern und einen Bruder. Eine Schwester, Emmas Tante Emilie, verstarb 1938 in Winschoten. Die zweite Schwester der Mutter, Tante Henni Irma, wurde mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in Auschwitz ermordet. Bruder Erich Sally Katz wurde wie seine Ehefrau in Auschwitz ermordet, einer seiner Söhne starb kurz nach der Befreiung in Bergen-Belsen, der zweite Sohn überlebte Sein Vater hatte drei Geschwister. Ihr Onkel Carel Jacob verstarb bereits mit zehn Jahren, Ihre Tante Grietje wurde 1943 in Sobibor ermordet, ihre Tante Estella Carolina 1942 in Auschwitz – Birkenau. Nur ein Neffe väterlicherseits überlebte die Zeit des Krieges in verschiedenen Lagern. Brief seiner Schwester Emmy an Hoorn aus Westerbork an Anne Jeidels "Westerbork, 9-3-43 Liebe Familie Jeidels … Im Auftrag von Mutter schreibe ich, da sie so müde ist. …. Jetzt sind wir hier. Mutter sitzt hier ohne Stopffaden und ohne Nadeln. Auch keine Butter, weil … sie noch im Keller liegt. Im dunklen Schrank in Mutters Schlafzimmer stehen auch 3 Marmeladengläser. Ein kleiner Käse liegt im Kleiderschrank der Mutter auf dem Dachboden. Gegenüber diesem Schrank steht ein Koffer mit etwas Tee. Wir hätten alles so gerne hier. Im dunklen Schrank im Schlafzimmer der Mutter hängt Mutters Bademantel und darunter ein Kleid, das diese Mutter für die Arbeit haben wollte. Im Keller steht auch eine Dose mit Margarine … in einem grünen Buttertopf. … Und auch Haarnadeln und Sicherheitsnadeln, die in einer Sirupdose auf Mutters Nachttisch liegen. Mutter hat gerade mit deiner Schwiegermutter gesprochen. (Emmy meint meine Großmutter Jenny Jeidels-Stamm …) Sie ist sehr stark, ebenso Frau Feldmann (Jennys Schwester Lina), letztere ist sehr stark. Die Delfter sind alle zusammen in einer Baracke. … Wir dürfen einmal alle 14 Tage. schreiben. Jetzt muss ich Schluss machen. Grüßen Sie alle Bekannten. Nun liebe Familie … Grüße von uns allen und einen Kuss von Emmy. P.S. Mach dir keine Sorgen um deine Schwiegermutter und Tante. Sie halten sich sehr gut. Möchten Sie auch Father's Shaver benutzen? Wir besuchen oft Onkel Erich, du kennst Mutters Bruder." Emmys Mutter, Hilda Van Hoorn-Katz schreibt noch einige Zeilen: „Ich bin am Boden, alle Lebensmittel sind zurückgelassen worden. Ich hoffe, dass einige davon nachgeschickt werden können.“ Unter dem Bademantel hängt ein Kleid mit Knöpfen … das hätte mir gefallen. Auf dem Nachttisch oben steht eine Schachtel mit Haarnadeln etc. Mit freundlichen Grüßen H. van Hoorn.“ Auf der Rückseite des Umschlags an der Absenderstelle steht: "M. van Hoorn und Katz, Barak 67, Westerbork (Dr)" … Verwendete Dokumente und Literatur Bundesarchiv Gedenkbuch Joods Monument ITS Archiv Arlosen Niederländisches Zeitungsarchiv Delpher Stolpersteine Delft
- Biografien 2 | Gedenksteine Sobibor
< zurück Biografien h - k h i j k Susanne Hamberg Next 11. August 1929 Breuna - D 3. Juni 1942 Sobibor Moritz Hamberg Next 15. Juli 1885 Breuna - D 3. Juni 1942 Sobibor Frida Hecht Next 23. Juli 1888 Herford - D 28. Mai 1943 Sobibor Bernhard Wolfgang Hellmann Next 7. November 1903 Wien - A 2. April 1943 Sobibor Ella Hohenberg, geborene Levy Next 13. Mai 1882 Kassel - D 3. Juni 1942 Sobibor Berend Hoorn van Next 10. Januar 1931 Delft - NL 26. März 1943 Sobibor Emma Hoorn van Next 27. August 1928 Delft - NL 26. März 1943 Sobibor Maurits Hoorn van Next 27. Januar 1891 t´Zandt - NL 26. März 1943 Sobibor Hilda Hoorn van, geborene Katz Next 15. Januar 1895 Langenholzhausen - D 26. März 1943 Sobibor Gerda Höflich Next 7. Juni 1932 Melsungen - D 3. Juni 1942 Sobibor Emilie Isenberg Next 18. August 1883 Volkmarsen - D 3. Juni 1942 Sobibor Gertrude Emilie Jastrow Next 25. Dezember 1895 Döbeln - D 4. Juni 1942 Sobibor Simon Sigismund Jonas Next 13. Februar 1866 Jastrow 23. Juli 1943 Sobibor Laura Jonas, geborene Loewental Next 23. Oktober 1867 Jastrow 23. Juli 1943 Sobibor Moses Karlsberg Next 26. April 1865 Fränkisch Crumbach - D 23. Juli 1943 Sobibor Bertha Emilie Karlsberg, geborene Simon Next 12. November 1872 Mainz - D 23. Juli 1943 Sobibor Nathan Katz Next 24. Juli 1873 Bodenfelde - D 23. Juli 1943 Sobibor Rosa Katz , geborene Aschoff Next 7. Juni 1879 Horn an der Lippe - D 23. Juli 1943 Sobibor h i j k
- Karlsberg, geborene Simon | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Bertha Emilie Karlsberg, geborene Simon geboren am 12. November 1872 in Mainz, Rheinland Pfalz, Deutschland ermordet am 23. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Ehemann:Moses, Rufname Moritz, Karlsberg geboren am 26. April 1865 in Fränkisch Crumbach, Hessen, Deutschland ermordet am 23. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Tochter: Ilse Karlsberg, verh. Unna geboren am 16. Dezember 1893 in Hamburg, Deutschland verstorben am 21. Juni 1984 in Givat Haim, Israel Sohn: Ernst Karlsberg geboren am 29. März 1895 in Hamburg, Stadt Hamburg, Deutschland verstorben am 8. Oktober 1935 in Hamburg, Deutschland Sohn: Bernhard Karlsberg geboren am 11. Oktober 1899 in Hamburg, Deutschland verstorben am 18. Januar 1985 in Hoofddorp, Provinz Nordholland, Niederlande Lebensdaten 1872 Geburt in Mainz 1893 Heirat mit Moses Moritz Karlsberg 1893 Geburt der Tochter Ilse 1895 Geburt des Sohnes Ernst Karlsberg 1897 Ehemannes übernimmt Postens seines Vaters 1897 Kauf eines Hauses als Familienwohnsitz 1899 Geburt des Sohnes Bernhard 1913 Heirat der Tochter Ilse, verheiratete Unna 1917 Notabitur des Sohnes Bernhard 1917 Teilnahme des Sohnes Bernhard am Ersten Weltkrieg 1921 Sohn Bernhard promoviert in Jura 1922 Eintritt von Sohn Bernhard in den väterlichen Betrieb 1922 Heirat des Sohnes Ernst mit Nanette Lanzkorn 1922 Heirat des Sohnes Bernhard mit Ilse Heilbronn 1922 Geburt der Enkelin Luise 1923 Geburt der Enkelin Rachel 1925 Geburt der Enkelin Ruth 1926 Geburt des Enkels Walter 1933 Unterbringung der Kinder von Sohn Bernhard in der Schweiz >1933 Sohn Bernhard verteidigt als Jurist KPD-Mitglieder bei Gericht 1935 Haftbefehl gegen Sohn Bernhard wegen Hochverrats 1935 Flucht von Sohn Bernhard und Ehefrau Ilse in die Schweiz 1935 Tod des Sohnes Ernst Karlsberg 1936 Haftbefehl gegen Schwiegertochter Ilse wegen KPD-Mitgliedschaft 1936 Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft von Sohn Bernhard und Ehefrau Ilse 1936 Auswanderung von Schwiegertochter Nanette Karlsberg mit den beiden Kindern nach Palästina 1937 Flucht des Sohnes Bernhard in die Niederlande 1937 Nachzug der Schwiegertochter Ilse und der drei Enkelkinder in die NL 1938 Ehemann kündigt seine Posten als Mitinhaber und Direktor seiner Firma 1938 Verteilung des Vermögens an die Kinder und Geschwister 1938 Nichtinanspruchnahme des englischen Dauervisums 1938 Auswanderung in die Niederlande, zusammen mit Ehemann Moses 1938 Emigration der Tochter Ilse mit ihrem Ehemann nach Palästina 1940 Sohn Bernhard geht in den niederländischen Untergrund 1940 Verhaftung der Schwiegertochter Ilse Karlsberg 1941 Die Kinder von Bernhard und Ilse Karlsberg gehen in den Untergrund 1941 Ihre Schwester Alice wird mit ihrem Ehemann nach Litzmannstadt verschleppt, das weitere Schicksal ist unbekannt 1942 Verschleppung der Schwiegertochter Ilse nach Theresienstadt 1943 Verhaftung und Verschleppung nach Westerbork 1943 Verschleppung und Tod der Schwiegermutter von Sohn Bernhard in Sobibor 1943 Deportation und Tod in der Mordstätte Sobibor 1944 Verschleppung und Tod der Schwiegertochter Ilse in der Mordstätte Auschwitz - Birkenau nächste Moses Karlsberg, Berthas Ehemann Schwiegertochter Ilse Mathilde Karlsberg Biografie Bertha Emilie Simon wurde 1872 in Mainz geboren. Sie war die älteste Tochter des Weingroßhändlers Heinrich Simon und dessen Ehefrau Antonie geborene Strauss. An ihrem 18. Geburtstag lernte Emilie bei einer Reise nach Hamburg ihren späteren Mann Moses Karlsberg kennen. Die beiden hielten Briefkontakt und verlobten sich 1892. In Hamburg grassierte zu dieser Zeit Cholera, die Familie Karlsberg verbrachte deshalb einige Zeit in Frankfurt am Main. Am 19. März 1893 heiratete das Paar dort. Sie kehrten nach Hamburg zurück und wohnten drei Jahre am Hansaplatz gegenüber den Eltern Karlsberg. Danach wohnten sie fünf Jahre in der Grindelallee. 1893 wurde ihre Tochter Ilse geboren, 1895 Sohn Ernst, 1899 Sohn Bernhard. Ihr Ehemann Moses hatte Jura studiert. Er arbeitete im väterlichen Betrieb, der deutschen Vertretung der Cunard Stream Ship Company, die seit 1849 in den Händen der Familie Karlsberg lag. Nach dem Tod des Schwiegervaters übernahm ihr Ehemann dessen Position. Nach dem Tod ihres Schwiegervaters, kauften sie ein Haus für die Familie in der Klosterallee 8, wo sie mit ihrer Familie 28 Jahre lang lebten. Dort wuchsen die drei Kinder der Familie auf. Moritz und Emilie engagierten sich unter anderem in der Henry-Jones-Loge, dem Humanitären Frauenverein und in der jüdischen Gemeinde. Soziales Engagement war schon in der Familie ihres Ehemannes wichtig und man setzte dies fort. Ihr Ehemann Moritz Karlsberg baute eine der größten Passagier-Agenturen auf dem europäischen Kontinent für die britische Cunard-Linie aus. Ihr Sohn Bernhard arbeitete ab 1922 ebenfalls in der Firma. Flucht in die Niederlande Ehemann Moritz leitete die Agentur bis ins Frühjahr 1938. Nach der Anfrage der Nationalsozialisten bei der Cunard-Line Gesellschaft ob die Leitung des Betriebes in arischen Händen sei, kündigte Moritz seine Stellung als Mitinhaber und Direktor. Von seinem Dezernenten aus Liverpool erhielt er Unterstützung. Man plante gemeinsam seine Auswanderung nach England. Ihr Vermögen verteilten sie unter ihren Kindern und Geschwistern auf. Emilie und ihr Ehemann hatten ein Dauer-Visum für England. Im August 1938 verließen sie Hamburg. Moritz und Emilie gingen aber nicht in das letztlich sichere England, sondern zogen zu ihrem Sohn Bernhard in die Niederlande. Bertha und Moses Karlsberg wurden am 1. Juni 1943 in das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork gebracht. Sie wurden am 20. Juli 1943 mit dem 19. Transport, der das Lager Westerbork in Richtung der deutschen Mordstätte Sobibor im heutigen Polen verließ, deportiert. Sie waren zu diesem Zeitpunkt 71 und 78 Jahre alt. In diesem Transport befanden sich weitere 2007 Menschen, keiner dieser Menschen überlebte. Moses und Bertha Karlsberg wurden in Sobibor am 23. Juli 1943 unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet. Tochter Ilse Karlsberg heiratete 1913 den 1888 in Altona geborenen Zahnarzt Alfred Unna. Dem Paar gelang es, im September 1938 nach Palästina auszuwandern. Ilse Unna verstarb 1984 in Israel. Sohn Ernst Karlsberg heiratete vermutlich 1922 Nanette Lanzkorn aus Hamburg. Sie bekamen zwei Kinder, Luise und Lina. Ernst Karlsberg starb am 8. Oktober 1935 eines natürlichen Todes. Seine Witwe und die beiden Kinder emigrierten 1936 nach Palästina. Sie erhielten hebräische Namen, aus Luise wurde Lea, aus Lina Rivka. Lea heiratete Aharon Chefetz und lebte bis 1948 im Kibbuz Beit Arava und später im Kibbuz Kabri im Norden von Galiläa. Das Paar bekam drei Kinder. Zu ihrer Familie zählten letztlich ebenso mehrere Enkel und Urenkel. Lea verstarb 2001 in Israel. Zum Schicksal von Rivka ist weiter nichts bekannt. Sohn Bernhard Karlsberg Er legte 1917 seinem Notabitur ab und diente noch im 1. Weltkrieg, unter anderem als Übersetzer. Nach dem Krieg begann er sein Studium in Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten in Berlin, Kiel, München und Hamburg. 1921 promovierte er und nahm eine Anstellung in der Firma seines Vaters an. Er betätigte sich politisch in der Kommunistischen Partei Deutschlands. 1922 heiratete die ebenfalls aus Hamburg stammende Kindergärtnerin Ilse Heilbronn. Das Paar bekam in den nächsten vier Jahren drei Kinder, Rahel wurde 1923 geboren, Ruth 1925 und Walter 1926. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten verteidigte Bernhard Karlsberg politische Gefangene. 1934 wurde wegen des Verdachts des Hochverrats ein Haftbefehl gegen ihn erlassen. Seine 10-, 8- und 7-jährigen Kinder hatte er bereits vorsorglich in die Schweiz geschickt. Er selbst floh im Januar 1935 und seine Frau wenige Monate später ebenfalls in die Schweiz. Ehefrau und Kinder flohen weiter nach Prag. Bernhard versuchte währenddessen eine Arbeitsgenehmigung in Frankreich oder in den Niederlanden zu bekommen. In der Zwischenzeit wurde ihm und seiner Frau die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Auch gegen seine Ehefrau Ilse wurde Haftbefehl erlassen, ihr wurde die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei zur Last gelegt. 1937 gelang es Bernhard eine Arbeitserlaubnis als Rechtsanwalt in den Niederlanden zu bekommen. Er zog nach Amsterdam und wenige Monate später konnten auch seine Frau und die drei Kinder nachkommen. Seine Schwiegermutter Franziska Heilbronn zog im Februar 1939 ebenfalls nach Amsterdam. 1940, nach der Besetzung der Niederlande durch die Nationalsozialisten ging Bernhard in den Untergrund, da der Haftbefehl von 1935 noch immer galt, er engagierte sich im Widerstand. Er überlebte. Die Ehefrau Ilse Mathilde Karlsberg lebte weiter in der Legalität, sie wollte für ihre Mutter und die Schwiegereltern sorgen. Im September 1940 wurde Ilse verhaftet und 1941 ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel gebracht. Nach einigen Wochen wurde sie unter der Auflage von Hausarrest entlassen und wohnte in Hamburg. Am 20. Juli 1942 wurde sie von dort nach Theresienstadt verschleppt und am 19. Oktober 1944 von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie starb. Die drei Kinder wurden 1940 in ein Flüchtlingslager für deutsch-jüdische Kinder nach Wieringen gebracht. Als das Lager 1941 geschlossen wurde, lebten die Kinder im Untergrund. 1943 wurden die beiden Mädchen Ruth und Rachel an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten verhaftet und nach Westerbork verschleppt. Mit der Hilfe des Vaters und von Freunden konnten sie jedoch fliehen und lebten anschließend wieder im Untergrund, wo auch ihr Bruder Walter den Krieg überlebte. (Eine Aussage der Enkelin Rachel zeigt, wie dramatisch sich für sie die Realität tatsächlich gestaltete. Siehe unten.) Die Schwiegermutter von Ilse Karlsberg, Franziska Heilbronn, wurde über Westerbork nach Sobibor verschleppt, wo sie am 16. Juli 1943 ermordet wurde. Aussage der Enkelin Rachel zu ihrer geplanten Deportation aus Westerbork: Rachel stand für den 4. Februar 1944 auf der Transportliste von Westerbork nach Auschwitz. Sie hatte bereits den Waggon bestiegen, sprang aber wieder hinaus und landete direkt vor den Füßen des Kommandanten von Westerbork. Sie bat ihn höflich nicht mitfahren zu müssen. Der Kommandant schickte sie tatsächlich wieder zurück in ihre Baracke. Beim nächsten Transport, für den sie vorgesehen war, versteckte sie sich in einer nahegelegenen Toilette. Danach konnte sie für zwei Tage im Lager untertauchen. Mit Hilfe anderer Menschen konnte sie fliehen und in den Untergrund gehen. Aus: Interview USC Shoa Foundation mit Rachel Raven am 19. Januar 1996 in Clifton, New Jersey Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website zu Stolpersteinen aus Hamburg Website Joods Monument Interview USC Shoa Foundation mit Rachel Raven am 19. Januar 1996 in Clifton, New Jersey
- Hamberg | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Moritz Hamberg geboren am 15. Juli 1885 in Breuna, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Ehefrau: Betty Hamberg, geborene Pulver geboren am 11. September 1898 in Westheim, Bayern, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Tochter: Susanne `Susi´ Hamberg geboren am 11. August 1929 in Breuna, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Tochter: Irmgard `Irma´Hamberg geboren am 5. Juni 1923 in Breuna, Kreis Kassel ausgewandert 1940 in die USA gestorben am 19. Januar 2006 in den USA Lebensdaten 1885 Geburt in Breuna ca 1914 Teilnahme am 1. Weltkrieg I 1922 Heirat mit Betty Hamberg, geb. Pulver aus Westheim 1923 Geburt der Tochter Irmgard 1929 Geburt der Tochter Susanne 1938 Verhaftung & Verschleppung ins Konzentrationslager Buchenwald ca 1939 Enteignung und Verlust ihres Geschäftes 1939 Einquartierung bei ihren jüdischen Nachbarn 1939 Zwangsarbeit beim Autobahnbau 1940 Schulbesuch ihrer Tochter in Kassel 1940 Flucht von Tochter Irmgard in die USA 1942 Verschleppung und Ermordung in Sobibor nächste Die Töchter von Moritz Hamberg Susi Hamberg – vorne rechts Irmgard Hamberg – hinten links Porträt der Tochter Susi Biografie Die Familie Hamberg lebte seit Beginn des 19. Jahrhunderts im nordhessischen Breuna. Von 1876 bis 1938 gab es eine kleine Synagoge am Ort. 1933 hatte Breuna noch 13 jüdische Einwohner. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde war 50 Jahre lang bis zu seinem Tod 1934 Baruch Hamberg, der Vater von Moritz Hamberg. Moritz Hamberg gehörte der siebten Generation seiner Familie an, er hatte zehn Geschwister. Moritz lernte Betty Pulver aus Westheim kennen und beide heirateten 1922, zusammen mit ihr und den beiden Töchtern wohnten sie in Breuna im Kirchweg 6, sie betrieben eine kleine Landwirtschaft und einen Laden. Der ledige Bruder Hermann Hamberg wohnte ebenfalls bei ihnen im Haus. Die älteste Tochter Irmgard, einzige Überlebende der Familie, beschrieb anschaulich in einer Aussage die erfahrene Ausgrenzung und Entrechtung. Schikane und Verfolgung in Breuna Anlässlich der Reichspogromnacht wurde Moritz Hamberg und seine Familie festgenommen, sie mussten eine Nacht im Gefängnis in Volkmarsen verbringen. Frau und Kinder wurden am nächsten Tag entlassen, er wurde ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt und erhielt dort die Häftlingsnummer 25784. Aus Buchenwald kehrte er nach einigen Wochen gealtert, ergraut und verstummt in sein Dorf zurück; als aktiver Teilnehmer am I. Weltkrieg war er vorzeitig entlassen worden. In den folgenden Jahren verlor die Familie ihren Laden, das Haus und ihre Grundstücke wurden enteignet. Sie mussten zu ihren jüdischen Nachbarn ziehen. Moritz Hamberg wurde in Kassel zur Zwangsarbeit im Straßenbau eingesetzt. Die jüngere Tochter Susanne wohnte bereits ab 27.10.1940 in einem „Judenhaus“ in der Kasseler Großen Rosenstraße 22, vermutlich um weiter die Schule besuchen zu können. Die ältere Tochter Irmgard konnte der fortschreitenden antisemitischen Verfolgung rechtzeitig entkommen: Amerikanische Verwandte mütterlicherseits hatten ihr die notwendige Bürgschaft ausgestellt, Voraussetzung für ein Visum für die Vereinigten Staaten, wohin sie im August 1940 floh. Raub und Deportation nach Sobibor Für die zweite von den drei großen zentral organisierten Deportationen aus dem Regierungsbezirk Kassel stehen sechs Personen aus Breuna auf einer nach dem Krieg erstellten Deportationsliste. Die Familie Moritz Hamberg, Vater, Mutter und Tochter Susanne, und der jüngere Bruder des Vaters wurden am 31. Mai 1942 in die „Sammelstelle“, die Turnhalle der Wörth-Schule in der Kasseler Schillerstraße, bestellt. Hier wurden sie registriert und ihr Gepäck durchsucht. Für die „Aussiedlung in den Osten“ waren fünfzig Kilogramm Gepäck und fünfzig Reichsmark pro Person erlaubt. Das gesamte vorhandene Hab und Gut der Familie wurde staatlich konfisziert. Die Familie Moritz Hamberg wurde am Morgen des 1. Juni 1942 mit insgesamt 508 jüdischen Kindern, Frauen und Männern aus dem GeStaPo-Bezirk Kassel von der „Sammelstelle“ in der Schillerstraße zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Die Streckenführung von „Da 57“ verlief von Hanau u.a. über Kassel und Halle nach Sobibor. Mit diesem Deportationszug wurden etwa 1000 Juden und Jüdinnen aus über 70 verschiedenen Orten v.a. in Hessen und Sachsen-Anhalt in den Osten verschleppt. Der Zielbahnhof des Transportes war Izbica. Izbica war ein jüdisches Schtetl im „Distrikt Lublin“, mit etwa 7.000 Einwohner*innen, davon 80 Prozent jüdischen Glaubens. Izbica war für insgesamt 27.000 Jüd*innen eines von über zwanzig „Durchgangsghettos“ im Distrikt Lublin im Generalgouvernement. Hier wurden die verschleppten Jüd*innen für die geplante Ermordung konzentriert und in neuen Transporten zusammengefasst, damit einhergehend wurden hier die Todgeweihten ihrer letzten kläglichen Habe beraubt. In Izbica kamen etwa 7.500 Menschen Jüd*innen aus dem Deutschen Reich an, etwa 20.000 kamen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei und Luxemburg. Allerdings war das erste Ziel des Sonderzuges “Da 57“ nicht wie angegeben Izbica, sondern das Anschlussgleis zum Zwangsarbeitslager „Alter Flugplatz“ in Lublin. Dort wurden aus dem Transport etwa 115 junge, starke Männer zur Zwangsarbeit für das Todes- und Konzentrationslager Majdanek ausgewählt und hier wurden die Gepäckwagen mit dem schweren Gepäck abgekoppelt. Dieser Zug fuhr anschließend direkt nach Sobibor weiter, wo er am 3. Juni 1942 ankam; ab Juni 1942 fuhr kein Deportationszug mehr zu einem Transitghetto. Die verschleppten Mitglieder der Familie Hamberg aus Breuna wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. Irmgard Hambergs Erinnerungen an ihre Kindheit in Breuna „Mein Name ist Irma Meyer. Ich bin 1923 in Breuna, im Bezirk Kassel, geboren, die Tochter von Moritz und Betty Hamberg und Enkelin von Baruch Hamberg. Ich hatte eine Schwester, Susanne, die 1929 geboren war. Meine Familie hat viele Generationen in Breuna gelebt. Unser Familienname ist nach dem Berg “Hamberg” benannt worden, als es den Juden am Anfang des 19. Jahrhunderts erlaubt wurde, Nachnamen anzunehmen. Bis zur Hitler Zeit hatten wir ein gutes Verhältnis mit unseren Mitbürgern. Wir hatten etwas Landwirtschaft und ein kleines, aber gutgehendes Geschäft, welches vielen Kunden in der Umgebung bedient hat. Als Hitler zur Macht kam haben diese Leute, die uns freundlich gesonnen waren, sich plötzlich gegen uns gewandt und uns als Feinde angesehen. Die Maßnahmen gegen die Juden wurden stetig härter. Zum Beispiel: Wir durften nicht nach acht Uhr abends auf der Straße sein, oder mussten eine besondere Erlaubnis haben, etwas Wichtiges zu erledigen. Wir konnten nur zweimal die Woche unsere Lebensmittel einkaufen und dann nur morgens vor acht Uhr, damit wir nicht mit “Ariern” in Kontakt kämen. Keiner durfte uns in irgendeiner Weise behilflich sein. Für mich persönlich wurden die Schuljahre unerträglich. Ich war zu dieser Zeit das einzige jüdische Kind in der Schule, und musste alleine in einer Ecke sitzen, getrennt von den anderen Kindern. Während der “Religionsstunde” war ich entschuldigt, aber es wurde keine Religion gelehrt, sondern Hass gegen die Juden verbreitet. Bilder aus dem “Stürmer” wurden gezeigt. Die Kinder waren so aufgehetzt, dass jedes Mal, wenn ich zur Klasse zurückkehrte, sie mich angespuckt und auch oft meine Kleider zerrissen haben. Zur Mittagsstunde wurde mir das Butterbrot aus der Hand geschlagen. Täglich musste ich mir diese hasserfüllten Worte anhören, und meine Eltern wussten nie, in welcher Verfassung ich nach Hause kam. Dann kam der 9. November 1938: Wir hörten Gerüchte, dass etwas Schlimmes passieren würde. Aber wir hatten keine Ahnung, was zu erwarten war. Früh am Morgen wurden mein Vater und Viktor Braunsberg von der Polizei abgeholt, die uns keine Auskunft gab, wo sie ihn hinführten. Ab und zu während des Tages hat man Steine gegen unser Haus geworfen. Wir fragten die einzige andere jüdische Familie in Breuna, Emmy Braunsberg, mit ihren alten Schwiegereltern, zu uns zu kommen, um aneinander Trost zu finden. Um uns zu beschützen, haben wir oben in einem Zimmer nach hinten gesessen, und einen Schrank vor das Fenster gestellt, damit wir nicht von den Steinen getroffen wurden. Eine Menschenmenge hatte sich draußen angesammelt. Wir hörten die Fensterscheiben fallen. Wir hatten große Angst und wussten kaum, was zunächst geschehen würde. Dann, mit einem furchtbaren Krach, kam die Nazihorde durch die Türe, mit Beilen, Latten und Stöcken bewaffnet, und haben alles in ihrem Weg zerbrochen. Wir wurden aus dem Haus kommandiert, auf einen Lastwagen geladen, wo wir zusehen mussten, wie unser Haus zerstört wurde. Zur selben Zeit sahen wir unsere Synagoge in Flammen aufgehen. Diesen Anblick werde ich nie vergessen! Wir wurden dann nach Volkmarsen zum Polizeiamt gefahren und in sogenannte Schutzhaft genommen, wo wir einige Tage in einer Zelle verbrachten. Es war besonders schwer für das alte Ehepaar, Mathias und Helene Braunsberg, die damals fast 80 Jahre alt waren. Wir wurden dann entlassen und durften wieder nachhause gehen. Was wir vorfanden, war unbeschreiblich. Alles war vernichtet. Noch nicht mal eine Tasse oder ein Glas war da zum Trinken. Die Bettkissen waren aufgerissen und Federn waren überall. Alle Möbel waren zerhackt. Es dauerte Tage, bis wir die Trümmer aufgeräumt hatten. Während dieser ganzen Zeit wussten wir nicht, wo mein Vater war. Dann hörten wir, dass er in Buchenwald wäre, und freigesetzt würde, wenn er beweisen könnte, dass er im Ersten Weltkrieg ausgezeichnet wurde. Wir schickten ihm die Beweise, und nach ungefähr vier Wochen kam mein Vater zurück, ein alter, gebrochener Mann. Ich konnte ihn kaum wiedererkennen. Er hatte sehr in Buchenwald gelitten, konnte aber nicht darüber sprechen. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, mussten wir unser Haus verlassen und bei den Braunsbergs einziehen. Das Haus wurde uns einfach weggenommen und Leuten gegeben, die von der französischen Grenze zurückziehen mussten. In der Zwischenzeit hatten wir unser Geschäft verloren. Mein Vater und Viktor Braunsberg wurden zur Straßenarbeit in Kassel gezwungen. Das Leben wurde täglich schwerer für uns. Wir hatten dann nur den einzigen Wunsch, das Land zu verlassen, und haben uns sehr bemüht, nach den Vereinigten Staaten auszuwandern. Ich war die erste in meiner Familie, die Bürgschaft bekam. Meine Wartenummer beim Amerikanischen Konsulat war viel niedriger als die meiner Eltern und Schwester. Es ist mir gelungen, im August 1940 wegzukommen. Da durch den Krieg die Reise über den Atlantik gesperrt war, musste ich den viel weiteren Weg nach Osten wählen, und zwar durch Litauen, Russland, Sibirien, Mandschurei und Japan, dann über den Stillen Ozean nach Seattle, USA. Die Reise dauerte ungefähr vier Wochen, bis ich in New York ankam.“ Quelle: Lebenserinnerungen Irmgard Meyer, geborene Hamberg, 1988 in: Ernst Klein, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Statistik des Holocaust Website Alemmannia Judaica Breuna Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Lilienthal, Marion u.a. (Hg.), Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P., Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg 1941/1942, Riga, Sobibor/Majdanek, Theresienstadt, 2013 Magistrat der Stadt Kassel – Stadtarchiv, Hg., Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945 Lebenserinnerungen Irmgard Meyer, geborene Hamberg, 1988 Kleinert, Beate und Prinz, Wolfgang Prinz, Ein Gedenkbuch, 1982 Die Familie Hamberg aus Breuna, jimh.lima-city.de Interview: Interview mit Irma Meyer, geb. Hamberg, USC Shoah Foundation; 21.5.1997, Pennsylvania, USA - online verfügbar
- Biografien 3 | Gedenksteine Sobibor
< zurück Biografien l - n l n m Beate Hildegard Leviticus-Mansbach Next 4. Februar 1916 Gudensberg - D 30. April 1943 Sobibor `Lina´ Caroline Lewandowski, geborene Mecca Next 2. Februar 1875 Kassel - D 3. Mai 1943 Sobibor Inge Lichtenstein Next 4. Februar 1930 Volkmarsen - D 3. Juni 1942 Sobibor Meinhard Lichtenstein Next 5. Juni 1886 Volkmarsen - D 3. Juni 1942 Sobibor Käthe Lichtenstein, geborene Frankenthal Next 18. März 1892 Altenlotheim - D 3. Juni 1942 Sobibor Ralf Michael Lieberg Next 16. Mai 1933 Kassel - D 3. Juni 1942 Sobibor Wilhelm Lieberg Next 19. Dezember 1893 Kassel - D 8. September 1942 Majdanek Hertha Lieberg, geborene Hirsch Next 26. Oktober 1898 Berlin - D 3. Juni 1942 Sobibor Leopold Louis Mansbach Next 7. Januar 1877 Gudensberg - D 21. Mai 1943 Sobibor Rosa Rosalie Mansbach, geborene Eichengrün Next 18. Februar 1885 Beringhausen - D 21. Mai 1943 Sobibor Isidor Merländer Next 3. Juli 1872 Lüdinghausen - D 9. Juli 1943 Sobibor Siegbert Meyer Next 3. April 1898 Hamburg - D 22. Juni 1942 Majdanek Berta Meyer, geborene Neuhaus Next 12. September 1898 Kassel - D 3. Juni 1942 Sobibor Lieselotte Michel Next 5. Juli 1926 Volkmarsen - D 26. März 1943 Sobibor Erna Rosa Michel, geborene Meyerhoff Next 4. November 1894 Volkmarsen - D 3. Juni 1942 Sobibor l m n
- Leviticus-Mansbach | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Beate Hildegard Leviticus-Mansbach geboren am 4. Februar 1916 in Gudensberg, Hessen, Deutschland ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Familie Ehemann: Louis Leviticus geboren am 18. Juli 1918 in Dordrecht, Niederlande ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Mutter: Rosa Rosalie Mansbach, geborene Eichengrün geboren am 18. Februar 1885 in Beringhausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland ermordet am 21. Mai 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Vater: Louis Mansbach geboren am 7. Januar 1877 in Gudensberg, Hessen, Deutschland ermordet am 21. Mai 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Bruder: Erwin Mansbach geboren am 21. August 1909 in Gudensberg, Hessen, Deutschland umgekommen am 14. Mai 1940 bei einem Bombenangriff in Rotterdam Bruder: Julius Mansbach geboren am 13. September 1913 in Gudensberg, Hessen, Deutschland verstorben am 27. Dezember 2015 in San Francisco, Carlifornien, USA Lebensdaten 1916 Geburt in Gudensberg 1933 Emigration zusammen mit den Geschwistern in die Niederlande 1934 Emigration der Eltern in die Niederlande 1940 Tod des Bruders Erwin beim Bombenangriff auf Rotterdam 1942 Geht mit Bruder Julius in den Untergrund 1942 Bruder überlebt bei einer niederländischen Familie in Osterhaut 1943 lebt im Untergrund mit Freund Louis Leviticus 1943 Verrat und Verhaftung in Hardinxfeld 1943 Verschleppung nach Westerbork 1943 Heirat mit Louis Leviticus in Westerbork 1943 Deportation und Ermordung zusammen mit Ehemann in Sobibor 1943 Verhaftung der Eltern und Verschleppung nach Westerbork 1943 Deportation und Ermordung in Sobibor nächste Beates Vater Leopold Mansbach Beates Mutter Rosalie Biografie Leben in Gudensberg Beate Hildegard Mansbach wurde 1916 als jüngstes Kind von Louis und Rosa im hessischen Dorf Gudensberg geboren. Ihre Eltern Leopold Louis und Rosa hatten 1908 geheiratet. Sie hatte zwei Geschwister. Die beiden Brüder hießen Erwin und Julius und waren bereits 1909 und 1913 geboren worden. . Den Lebensunterhalt für die Familie verdiente der Vater als Viehhändler in der Bahnhofstraße. Sein Geschäft führte er zusammen mit seinem Bruder. Er selbst war im Aufsichtsrat der Gewerbebank des Ortes tätig. Ihr Vater diente Im Ersten Weltkrieg als Soldat und erhielt 1917 das Eiserne Kreuz verliehen. Gudensberg hatte eine Jahrhunderte alte jüdische Geschichte. Erstmals wurden jüdische Bewohner in der Gemeinde Gudensberg 1621 erwähnt. Vom aktiven Gemeindeleben der jüdischen Familien In Gudensberg zeugen zahlreiche Einrichtungen. Es gab neben der Synagoge eine jüdische Schule, eine Mikwe, einen jüdischen Friedhof und verschiedene jüdische Vereine. 1932 lebten noch 103 Jüdinnen und Juden im Ort, das waren annähernd fünf Prozent der 2.422 Einwohner. Ihr Bruder Julius Mansbach berichtete in späteren Jahren von seiner schönen Kindheit in Gudensberg. Noch vor 1933 begann er eine Lehre in einem Kaufhaus im Rheinland. Nach 1933 Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten änderte sich das Alltagsleben für die jüdische Bevölkerung schnell. Das vorher scheinbar friedliche Zusammenleben der zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Einwohnern der Gemeinde Gudensberg endete bereits 1933, als jüdische Geschäfte und Häuser geplündert und jüdische Bürger misshandelt und verprügelt wurden. Unter dem Eindruck dieser Übergriffe entschied sich ihre Familie in die Niederlande auszuwandern, zwei Tanten väterlicherseits wohnten bereits in den Niederlanden. Nach dem Boykott der jüdischen Geschäfte im Frühjahr 1933, wanderte ihr zwanzig-jähriger Bruder Julius bereits nach Rotterdam in den Niederlanden aus. Beate und ihr Bruder Erwin flüchteten ebenfalls in die Niederlande. Wenige Monate später verließen auch ihre Eltern Frau Gudensberg und flohen nach Rotterdam. Der Vater verdiente dort sein Geld als Metzger, ihr Bruder Erwin arbeitete bei ihm im Geschäft. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande Beim Überfall auf die Niederlande wurde am 14. Mai 1940 Rotterdam bombardiert. Ihr Bruder Erwin wurde, wie viele Deutsche Emigranten, von den Niederländern verhaftet und in einem Untergrund-Theater in Rotterdam festgehalten, das Gebäude wurde getroffen. Erwin starb bei diesem Angriff. Mit der Besetzung der Niederlande im Mai 1940 durch die Deutschen verschärfte sich sowohl die Situation der niederländischen Jüdinnen und Juden als auch der aus Deutschland Geflüchteten dramatisch. Die jüdische Bevölkerung musste Rotterdam verlassen, die Familie zog nach Gorinchem in die Zuisterhuis 9. Als man immer mehr junge Frauen und Männer zur Zwangsarbeit abholte, entschied sich Hildegard Beate mit ihrem Bruder Julius unterzutauchen. Ihr Bruder fand Unterschlupf bei einer Familie in einem Dorf in der Nähe von Osterhaut. Die Familie hatte fünf eigene kleine Kinder und versteckte Julius über zwei Jahre auf dem Dachboden des Hauses. Mit ihrer Hilfe gelang es ihm zu überleben. 1947 wanderte er in die USA aus. Er verstarb im Alter von 102 Jahren 2015 in San Francisco. Beate tauchte in Hardinxveld-Giessendam unter, vermutlich zusammen mit ihrem Freund Louis Leviticus. Ihr Freund hatte in der Nähe der Mansbachs gewohnt und dort mit seiner Schwester ein Optikergeschäft betrieben. Die beiden Untergetauchten wurden verraten. Am 10. März 1943 wurden Beate und Louis in ihrem Versteck von der Sicherheitspolizei verhaftet. Beide kamen in Arrest in Rotterdam und wurden am 14. April 1943 in das „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ gebracht. Deportation von Westerbork nach Sobibor Von Westerbork wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Menschen in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen das Lager mit dem Ziel Sobibor. In Westerbork heirateten die beiden noch, bevor sie am 27. April.1943 den Deportationszug zum Mordlager Sobibor besteigen mussten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Beate Hildegard und ihr Mann Louis Leviticus wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft am 30. April 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet. In diesem Transport befanden sich weitere 1202 Menschen, niemand von ihnen überlebte. Die Eltern wurden ebenfalls im April verhaftet und in das deutsche Konzentrationslager Herzogenbusch (Camp Vught) eingewiesen. Nach zwei Wochen wurden sie in das „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ gebracht. Sie wurden am 18. Mai 1943 mit dem 12. Transport aus dem Lager Westerbork nach Sobibor deportiert. In diesem Transport befanden sich weitere 2509 Menschen, keiner dieser Menschen überlebte. Rosalie und Leopold Mansbach wurden direkt nach ihrer Ankunft am 21. Mai 1943 im Mordlager Sobibor ermordet. Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Joods Monument Website Alemannia-Judaica zu Gudensberg Website Stolpersteine Dordrecht Interview: Julius Mansbach - United States Holocaust Memorial Museum Collection, 2.12.1986 in San Francisco
- Merländer | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Isidor Merländer geboren am 3. Juli 1872 in Lüdinghausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland ermordet am 9. Juli 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Ehefrau: Minna Meta Merländer, geborene Schellenberg geboren am 12. Juni 1877 in Neheim, Nordrhein-Westfalen, Deutschland verstorben 1933 in Dresden, Sachsen, Deutschland Tochter: Herta Merländer, verheiratete Baruch geboren am 14. November 1901 in Dresden, Sachsen, Deutschland ermordet am 30. November 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau Schwiegersohn: Dr. Ing. Robert Baruch geboren am 12. Dezember 1895 in Temeswar, damals K & K Monarchie, heute Timișoara, Rumänien umgekommen am 31. Mai 1945 im Konzentrationslager Mauthausen Enkel: Franz-Ralph Baruch geboren am 9. März 1925 in Berlin, Deutschland verstorben im:01. Mai 1945 im Konzentrationslager Ebensee Enkelin: Mary Johanna Baruch, verheiratete Cohn geboren am 23. Juni 1928 in Berlin, Deutschland verstorben 1951 in Sao Paulo, Brasilien Sohn: Dr. phil Hans Merländer geboren am 19. Oktober 1903 in Dresden, Sachsen, Deutschland ausgewandert 1933 nach Palästina, 1937 in die USA gestorben am 4. September 1958 in New York, USA Lebensdaten 1872 Geburt in Lüdinghausen 1899? Umzug nach Dresden 1901 Heirat mit Minna Schellenberg führt mit seinem Bruder Samuel Stefan die Firma Hirsch & Co Konfektions- und Pelzhandel in Dresden 1901 Geburt der Tochter Herta in Dresden 1902 Geburt des Sohnes Hans in Dresden 1923 Heirat der Tochter Herta 1925 Geburt des Enkels Franz Ralph in Berlin 1928 Geburt der Enkelin Mary Johanna in Berlin 1933 Auswanderung des Sohnes Hans nach Palästina 1933 Tod seiner Ehefrau 1937 Flucht des Schwiegersohns in die Niederlande 1937 Flucht seiner Tochter Herta in die Niederlande 1938 Selbstmord des Bruders Samuel Stefan 1939 Flucht in die Niederlande zur Tochter 1939 Flucht des Neffen Paul Samuel nach London 1942 Tod der Schwägerin Bertha in Theresienstadt 1943 Flucht der Familie der Tochter nach Ungarn 1943 Inhaftierung in Westerbork und Deportation und Ermordung in der Mordstätte Sobibor 1944 Deportation der Familie der Tochter nach Auschwitz-Birkenau 1944 Tod der Tochter Herta in Auschwitz-Birkenau 1944 Befreiung der Enkelin Mary Johanna in Langenbielau/ heute Polen 1944 Tod des Enkels Franz Ralph Baruch in Ebensee/Österreich 1945 Tod des Schwiegersohns Robert Baruch in Mauthausen nächste Biografie Isidor Merländer wurde als Sohn von Fanny und Herz Merländer in Lüdinghausen nahe Münster geboren. Er heiratete am 12. Februar 1901 Minna Meta Schellenberg. Ihre Tochter Herta wurde 1901 geboren, ihr Sohn Hans ein Jahr später. Die Familie wohnte in Dresden in der Stüberlallee 35, später in der Anton-Graff-Straße 1. Isidor Merländer war Inhaber der Firma Hirsch & Co für Konfektions- und Pelzwaren und hatte das Prädikat des „Hoflieferanten“ in Sachsen. Das Geschäft befand sich in der Prager Straße 6/8, der größten und elegantesten Einkaufsstraße Dresdens. Isidor Merländer führte das Geschäft zusammen mit seinem Bruder Samuel Stefan und später auch mit dessen Sohn. Die beiden Brüder Merländer waren in der Israelitischen Religionsgemeinde Dresden aktiv und engagierten sich in sozialen Projekten. Isidor Merländers Sohn Hans studierte an den Universitäten in München und Freiburg Philosophie und hat in Leipzig im Fach Philosophie promoviert. Er wanderte 1933 erst nach Palästina und 1937 in die USA aus. Isidors Tochter Herta heiratete den aus Temeswar, heute Rumänien, stammenden Robert Baruch. Er kam aus einer wohlhabenden Familie und studierte in Dresden Chemie. Ihre beiden Kinder Franz Ralph und Mary Johanna kamen 1925 und 1928 in Berlin zur Welt. Robert war Geschäftsführer einer Schrotthandelsfirma in Berlin. 1933 verstarb Isidors Frau Minna Meta Merländer in Dresden. Vertreibung, Selbstmord, Flucht 1937 verließ Schwiegersohn Robert Baruch Berlin und emigrierte in die Niederlande. In Amsterdam gründete er mit einem Freund eine Ex- und Importfirma für Metalle. Tochter Herta und die beiden Kinder Mary und Ralph blieben vorerst in Berlin. Im Juni 1937 flüchtete sie über Italien und Frankreich zu ihrem Mann nach Amsterdam. Seinen Bruder Stefan Samuel Merländer verlor Isidor durch Selbstmord am 6. August 1938. Dessen Sohn konnte 1939 nach England fliehen. Isidors Schwägerin Bertha Merländer wurde am 11.08.1942 mit dem Transport V/4 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie innerhalb eines Monats umkam. In der Pogromnacht im November 1938 wurde auch das Geschäft Merländer in Dresden überfallen, ein Großteil der exklusiven Waren wurden geraubt, das Geschäft zum Teil zerstört und vermutlich in den folgenden Monaten enteignet. Im Mai 1939 floh Isidor Merländer in die Niederlande nach Amsterdam. Dort wohnte er nur wenige Straßen von der Familie seiner Tochter und seinen beiden Enkelkindern entfernt. Die Geschäfte der Firma des Schwiegersohnes liefen gut. Als im Mai 1940 die Niederlande von den Deutschen besetzt wurden übertrugen die beiden Teilhaber die Firma vorsorglich einem Niederländer. Zu diesem Zeitpunkt lebten bis zu 50.000 deutsche Jüdinnen und Juden in den Niederlanden, sie waren seit 1933 legal oder illegal eingewandert. Emigranten erhielten zu dieser Zeit keine Arbeitserlaubnis und waren von Hilfsorganisationen abhängig. Mit der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht wiederholte sich die Ausgrenzung, Entrechtung, Beraubung und Verfolgung, die die deutschen Juden und Jüdinnen bereits im Deutschen Reich mitgemacht hatten. Verhaftung und Deportation nach Sobibor Es ist davon auszugehen, dass Isidor Merländer bereits im Juni 1943 die Aufforderung erhielt, sich in der Hollandsche Schouwburg zu melden. Dieses ehemalige Theater diente den deutschen Besatzern ab Sommer 1942 als Sammelstelle für Jüdinnen und Juden aus Amsterdam. Wenn sie sich nicht freiwillig meldeten, wurden sie bei Razzien in ihren Wohnungen, an ihren Arbeitsplätzen und auf der Straße von deutschen und auch niederländischen Polizisten aufgegriffen, zur Sammelstelle gebracht und dann in das Lager Westerbork verschleppt. Das „Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork“ diente als Konzentrationslager in Vorbereitung der Deportationen v.a. der jüdischen Flüchtlinge und niederländischen Juden und Jüdinnen in die Vernichtungslager. Von hier wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Jüdinnen und Juden in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen Westerbork mit dem Ziel Sobibor. Am 6. Juli 1943, kurz nach seinem 71. Geburtstag, musste Isidor Merländer im 17. Transport zusammen mit 2416 weiteren Jüdinnen und Juden die Fahrt nach Sobibor antreten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Isidor Merländer wurde unmittelbar nach seiner Ankunft, am 9. Juli 1943, im Todeslager Sobibor ermordet. Ein Fluchtversuch des Schwiegersohns über den Ärmelkanal nach Großbritannien misslang. Über Bekannte gelang es ihm jedoch Ausreisepapiere für Ungarn zu bekommen, wohin die Familie Baruch im August 1943 flüchtete. Von hier aus forschte Tochter Herta Baruch nach dem Verbleib ihres Vaters. Sie wandte sich an die schwedische Vertretung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auf ihre Anfrage bekam sie im Frühjahr 1944, einem dreiviertel Jahr nach seiner Ermordung, die Antwort, ihr Vater Isidor sei nach Riga deportiert worden. Die Sicherheit der Familie Baruch in Ungarn währte nur kurz, sie wurden im Oktober 1944 verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Nur die Enkelin Mary Baruch überlebte ein Zwangsarbeitslager bei Breslau und kehrte 1945 in die Niederlande zurück. Isidors Tochter Herta kam im Konzentrations- und Mordlager Auschwitz um, der Schwiegersohn Robert Baruch verstarb kurz nach der Befreiung im Konzentrationslager Mauthausen und der Enkelsohn Franz Baruch am 1. Mai im Außenlager Ebensee – beide im heutigen Österreich gelegen. Verwendete Dokumente und Literatur Bundesarchiv Gedenkbuch Joods Monument Stolpersteine Dresden ITS Archiv Arlosen Bruchstücke 1938 – Die Novemberpogrome in Sachsen 1938 Hoflieferanten Sachsen Schwellen, Michael, Der Mann der Mutter meiner Schwester, 2015
- Lichtenstein, geborene Frankenthal | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Käthe Lichtenstein geboren am 18. März 1892 in Altenlotheim, Hessen, Deutschland ermordet am 03. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Ehemann: Meinhard Lichtenstein geboren am 05. Juni 1886 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Sohn: Arthur Lichtenstein geboren am 7. Februar 1920 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ausgewandert 1938 in die USA gestorben am 8. September 1971 in den USA Tochter: Ilse Lichtenstein geboren am 24. Februar 1923 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ausgewandert im Frühjahr 1940 in die USA gestorben am 26. April 2006 in den USA Tochter: Inge Lichtenstein geboren am 4. Februar 1930 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Lebensdaten 1892 Geburt in Altenlotheim 1916 Kriegstod ihres Bruders Siegfried 1919 Heirat mit Meinhard Lichtenstein aus Kassel 1920 Tod ihres Bruders Levy als Kriegsfolge 1920 Geburt ihres Sohnes Arthur 1923 Geburt ihrer Tochter Ilse 1930 Geburt ihrer Tochter Inge 1936 Flucht ihres Bruders Adolf in die USA 1937 Flucht ihrer Eltern in die USA 1938 Flucht ihres Bruders Julius in die USA 1938 Flucht des Sohnes Arthur in die USA 1938 Inhaftierung in Volkmarsen zusammen mit der Tochter Ilse 1938 Zerstörung ihrer Schneiderwerkstatt und Berufsverbot 1938 Inhaftierung ihres Ehemannes im Konzentrationslager Buchenwald 1939 Beschlagnahme ihres Hauses und Zwangseinquartierung in die Volksschule 1939 Verschickung ihrer Töchter mit einem Kindertransport in die Niederlande 1940 Flucht ihrer Tochter Ilse in die USA 1941 Rückkehr der jüngeren Tochter Inge nach Volkmarsen zurück 1942 Verschleppung und Ermordung in Sobibor nächste Familienfoto mit den Töchter und ihren Eltern Foto zur Bar Mitzwah von Sohn Arthur Telegram von Meinhard an die Kinder in den USA vom 3. Juni 1942 -dem Tag ihrer Deportation von Kassel Ilse, Inge und Arthur Lichtenstein, ca 1936 Biografie Käthe Lichtenstein, geborene Frankenthal, wuchs im hessischen Altenlotheim bei Frankenau auf. Die Familie Lichtenstein lebte seit Anfang des 19. Jahrhunderts in der kleinen Gemeinde. Käthe Lichtensteins Eltern waren Selig und Rosa Frankenthal, sie hatten neben der Tochter Käthe noch vier Söhne: Levy, Siegried, Adolf und Julius. Käthe Lichtenstein und ihre Familie hatten schwere Schläge zu verkraften. Siegfried fiel 1916, da war sie 24 Jahre alt. Ihr Bruder Levy kam krank aus dem 1. Weltkrieg zurück und verstarb in den 20er Jahren in einer psychiatrischen Klinik. Adolf wanderte 1936 mit seiner Familie in die USA aus. Julius floh 1938 über England ebenfalls in die USA. Sogar ihre alten Eltern flohen mit über 70 Jahren 1937 in die USA. Nach ihrer Heirat verzog Käthe Lichtenstein nach Volkmarsen. 1933 hatte Volkmarsen insgesamt 2650 Einwohner, davon 34 jüdischen Glaubens. Sie trieben Handel oder waren Handwerker. Beide Ehepartner waren in die dortige jüdische Gemeinde eingebunden. Es gab zwei Wohltätigkeitsvereine. Käthe Lichtenstein war aktiv in der Gemeindearbeit tätig. Ihr Ehemann war 2. Vorsitzender der Gemeinde und Thora-Vorleser in der Synagoge, bis 1936 die Synagoge verkauft werden musste. Meinhard und Käthe Lichtenstein wohnten mit ihren drei Kindern Arthur, Ilse und der jüngsten Tochter Inge in Volkmarsen in ihrem eigenen Haus an der Oberen Stadtmauer 33.Die zwei älteren Kinder von Meinhard und Käthe Lichtenstein besuchten die Volksschule in Volkmarsen Am Mönchepfuhl, vermutlich wurde auch die Jüngste noch in Volkmarsen eingeschult. Meinhard Lichtenstein erteilte seinen Kindern an Schabbat Religionsunterricht. Er war ein angesehener Schneidermeister und betrieb zusammen mit seiner Frau eine eigene Werkstatt mit Laden in ihrem Wohnhaus. Käthe Lichtenstein gab Klavierunterricht. Die Eheleute Lichtenstein besuchten hin und wieder Aufführungen im Opernhaus Kassel. Nach 1933 Ab 1933 nahm die Hetze, Ausgrenzung, Verfolgung und der Raubzug gegen die jüdische Bevölkerung ständig zu. Der Laden der Familie Lichtenstein wurde bereits 1933 im Zuge der Aktion „Kauft nicht bei Juden“ angegriffen. Im Mai 1938 floh der älteste Sohn Arthur, in die USA, 1941 ging er zur US-Armee und baute sich später eine Schneiderwerkstatt auf. Die zurückgebliebene Familie in Volkmarsen sah für sich keine Zukunft mehr in Deutschland und bemühte sich ebenfalls um Ausreisepapiere. In der Reichspogromnacht waren der Vater und die ältere Tochter nicht in Volkmarsen. Käthe Lichtenstein und ihre achtjährige Tochter wurden in Schutzhaft genommen. Die Wohnung und die Schneiderwerkstatt der Familie Lichtenstein wurden völlig ausgeraubt und demoliert. Auch Stammkunden beteiligten sich daran. Am nächsten Tag erlitt die Mutter, Käthe Lichtenstein, eine Herzattacke, Tochter Ilse kümmerte sich in der Folgezeit um die Mutter und die jüngere Schwester. Meinhard Lichtenstein kam nach seiner Rückkehr in Schutzhaft und wurde im örtlichen Gefängnis im Kellergewölbe des Rathauses eingesperrt, vollzogen von einem Polizisten, der sein bester Freund und Nachbar – selbst kein Freund der Nationalsozialisten und heimlicher Helfer der Familie - war. Zwei Tage später wurde Meinhard Lichtenstein ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, von wo er sechs Wochen später von Misshandlungen gezeichnet, abgemagert und erschöpft zurückkehrte. Das Geschäft durfte nicht wiedereröffnet werden, zusätzlich mussten sie eine „Judenvermögensabgabe“ an den Fiskus entrichten. Die Familie lebte vorerst vom Ersparten und den Erträgen ihres Gartens. Neben dem Wohnhaus, das 1942 beschlagnahmt wurde, besaß die Familie ein Gartengrundstück, das sie bereits Anfang 1939 verkauften, allerdings gestattete ihnen der Käufer – eben jener wohlgesonnene erwähnte Nachbar - das halbe Nutzungsrecht. Die Familie Lichtenstein verarmte weitestgehend. Nach der Reichspogromnacht mussten die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner Volkmarsens und mit ihnen die Familie Lichtenstein im jüdischen Schulhaus wohnen - diese Maßnahme zielte schon auf die späteren Deportationen. Es wurden ihnen knappe Lebensmittelmarken zugeteilt, für sie gab es weder Milch, noch Fleisch, noch Eier. Einige wenige christliche Volkmarser Bürgerinnen und Bürger unterstützten sie heimlich. Verschickung der Kinder in die Niederlande Am 3. Januar 1939 verschickten die Eltern schweren Herzens ihre beiden Töchter zu ihrer Sicherheit in ein Kinderheim ins niederländische Bergen aan Zee. Ein Jahr später, am 4. April 1940 verließ die 17-jährige Tochter Ilse die Niederlande ebenfalls in Richtung USA, ihr Bruder hatte das Visum besorgt. Die jüngste Tochter Inge fand Unterschlupf bei einer jüdischen Familie in Rotterdam, sie wurde Ende Juni 1941 nach Volkmarsen zurückgebracht. Der Familie Lichtenstein gelang es nicht, rechtzeitig Ausreisepapiere für die USA zu bekommen. Die Deportation von Kassel nach Sobibor Für die zweite von den drei großen zentral organisierten Deportationen aus dem Regierungsbezirk Kassel standen sechs Personen aus Volkmarsen auf der Deportationsliste. Zum 31.5.1942 wurde die Familie Lichtenstein in die `Sammelstelle´ in der Turnhalle der Wörth-Schule in der Kasseler Schillerstraße bestellt. Hier wurden sie registriert und ihr Gepäck durchsucht. Für die „Aussiedlung in den Osten“ waren 50 Kilogramm Gepäck und fünfzig Reichsmark pro Person erlaubt. Das gesamte noch vorhandene Hab und Gut wurde – soweit nicht schon geschehen – staatlich konfisziert. Einige für die Lichtensteins wichtige Dinge – Stoffe, Bücher, Nähmaschine und Porzellan – verwahrten Nachbarn vierzig Jahre lang, bis sie diese der überlebenden Tochter Ilse Meyer übergeben konnten. Die Lichtensteins wurden am Morgen des 1. Juni 1942 mit insgesamt 508 jüdischen Kindern, Frauen und Männern aus dem Geheimen Staatspolizei-Bezirk Kassel von der „Sammelstelle“ in der Schillerstraße zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Die Streckenführung von „Da 57“ verlief von Hanau u.a. über Kassel und Halle nach Sobibor. Mit diesem Deportationszug wurden etwa 1.000 Juden und Jüdinnen aus über siebzig verschiedenen Orten v.a. aus Hessen und Sachsen-Anhalt in den Osten verschleppt. Der Zielbahnhof des Transportes war Izbica. Izbica war ein jüdisches Sztetl im „Distrikt Lublin“, mit etwa 7.000 Einwohnern, davon 80 Prozent jüdischen Glaubens. Izbica war für insgesamt 27.000 Jüdinnen und Juden eines von über zwanzig „Durchgangsghettos“ im „Distrikt Lublin“ im Generalgouvernement. Hier wurden die verschleppten Menschen für die geplante Ermordung konzentriert und in neue Transporte zusammengefasst, damit einhergehend wurden hier die Todgeweihten ihrer letzten kläglichen Habe beraubt. In Izbica kamen etwa 7.500 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich an, etwa 20.000 kamen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei und Luxemburg. Allerdings war das erste Ziel des Sonderzugs „Da 57“ nicht wie angegeben Izbica, sondern das Anschlussgleis zum Zwangsarbeitslager „Alter Flughafen“ in Lublin. Dort wurden aus dem Transport etwa 115 junge, starke Männer zur Zwangsarbeit für das Todes- und Konzentrationslager Majdanek ausgewählt und hier wurden die Gepäckwagen mit dem schweren Gepäck abgekoppelt. Dieser Zug fuhr anschließend direkt nach Sobibor weiter, wo er am 3. Juni 1942 ankam; ab Juni 1942 fuhr kein Deportationszug mehr zu einem Transitghetto. Die Familie Lichtenstein wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft im deutschen Mordlager Sobibor ermordet. In Volkmarsen erinnert seit 1999 ein Straßenname an die mit 12 Jahren in Sobibor ermordete Inge Lichtenstein. Brief von Ilse Lichtenstein an ihren Bruder Arthur Ilse Lichtenstein hielt sich zu der Zeit auf Initiative eines jüdischen Wohltätigkeitsvereins in einem Kinderheim in den Niederlanden auf, ihr Bruder Arthur war bereits in die USA ausgewandert: Bergen, den 10.1.1939 Meine Lieben! Heute will ich euch ein paar Zeilen senden. Wir sind hier in Bergen in einem Kinderheim. Am Mittwoch, dem 4. sind wir hierhergekommen. Es gefällt uns sehr gut. 91 Kinder sind wir hier. Jungens und Mädels. Wir haben es gut hier. Stehen morgens um 7 Uhr auf und gehen abends um 8 Uhr zu Bett. Jeden Morgen und auch oft nachmittags gehen wir spazieren. Jetzt haben wir Wolle bekommen für Pullover zu stricken. Jeden Abend werden wir gebadet. Jetzt will ich euch in bisschen von Deutschland erzählen. Aber nicht viel. Wie ihr ja wisst, sind alle Männer im KZ gewesen. Der liebe Papa und Friedel* waren auch da. Papa war 4 Wochen und Friedel 5 Wochen dort. Natürlich kamen sie mit kahlgeschorenen Köpfen zurück. Auch dort haben sie es nicht besonders gehabt. 3 Tage nichts zu essen und überhaupt kein Wasser. Viele Leute sind meschugge geworden. Auch Lehrer Stern aus Frankenberg. Er ist in die Latrine gesprungen. Onkel Isaak ist einen Tag zurückgekommen und dann gleich irr gewesen. Er hatte Eiter in Mund und Nase und konnte gar nicht sprechen. Hugo Wertheim hatte Blutvergiftung und ist verbrannt worden. Die Urne ist zurückgekommen. Auch der Vater von Walter Steinmann ist 3 Tage zu Hause gewesen, hat Lungenentzündung bekommen und ist gestorben. Ach, so manches könnte ich Euch schreiben. Jeden Tag hat man nur andere Todesanzeigen gelesen. Ihr könnt euch ja gar nicht denken, was wir alles mitgemacht haben. An die Demolierung zu Hause darf ich gar nicht denken. Du. Lieber Arthur, würdest die Zimmer kaum wiedererkennen. In Friedels Zimmer ist nichts mehr ganz. Schränke, Betten, Kommode, Stühle und alles was im Zimmer war, sind kaputt. Die langen Matratzen haben auf der Straße gelegen. Auch die Federbetten und Friedels ganze Wäsche. Die Schränke haben auch umgelegen. Keine Tasse und kein Teller waren ganz. Gelee und Eier sind zusammengelaufen. 3 große Fässer Scherben haben wir gehabt. Nur in meinem Zimmer ist der Spiegel noch ganz. Die Wäsche aus den Schränken musste alle gewaschen werden, denn sie war schmutzig und nass. Acht Tage vorher, Ihr werdet es noch wissen, hatten wir Würste gemacht. Von 30 Stück sind noch 5 übriggeblieben. Im Wohnzimmer hat es bunt ausgesehen. Kein Bild, kein Teller und keine Tasse waren mehr ganz. Die Schabbeslampe ist auch kaputt. Der Teppich war mit Mehl, Himbeersaft und Erdbeeren verziert. Daß keine Scheibe im Haus mehr heil war, könnt ihr euch ja denken. Dieses war der Donnerstagabend und des Morgens ist der liebe Papa geholt worden. In der Nacht waren die Lieben noch alle zusammen und am anderen Morgen ist Papa nach Buchenwald gekommen. Was alles gestohlen ist kann ich gar nicht sagen. Friedels 2 Anzüge und Mantel, Papas schwarzer Anzug, meine ganze Wäsche und Kleider. Vom Lager sind 18 Anzüge, 6 gestreifte Hosen, Winterulster und viele Futtersachen. Und dann noch das schönste, 1600 Reichsmark Vermögensabgabe als Buße. Ist das nicht allerhand? Wenn der liebe Papa jetzt arbeiten dürfte, könnte er sich 5 Gesellen halten. Wenn nur das Konsulat schneller arbeiten würde, daß wir fort könnten, denn die ganze Ungewissheit ist entsetzlich. Seht bitte mal zu, ob Ihr nicht etwas machen könnt, denn die lieben Eltern können unmöglich länger in Deutschland bleiben. Denn käme noch einmal eine Trennung, so wäre es sehr schlimm. Auch sorgt bitte dafür, dass wir bald weiter können, denn wir wollen den Leuten hier nicht zur Last fallen. Schreibt bitte mal an das Hilfskomitee in Amsterdam oder in New York, ob nichts zu machen ist. … Ich glaube Euch nun genug geschrieben zu haben, antwortet bald und seid herzlich gegrüßt von Eurer Ilse. *Friedel ist Siegfried Meyer, Schneidergeselle; er lebte und arbeitete im Haus der Lichtensteins Quelle: Ernst Klein, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012, S. 109f Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Joods Monument Website Statistik des Holocaust Website Alemannia Judaica Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Lilienthal, Marion u.a. (Hg.), Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P., Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg 1941/1942, Riga, Sobibor/Majdanek, Theresienstadt, 2013 Magistrat der Stadt Kassel – Stadtarchiv, Hg., Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945,ein Gedenkbuch, 1986 Ernst Klein in: Waldecksche Landeszeitung vom 16.8.2012 (Verhaftung durch Nachbarn) Interviews: Interview mit Ilse Meyer, geb. Lichtenstein; USC Shoah Foundation, 29.4.1996 in Louisville, Kentucky, USA Interview mit Meinhardt Meyer; USC Shoah Foundation, 29.4.1996 in Louisville, Kentucky, USA
- Lichtenstein | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Inge Lichtenstein geboren am 4. Februar 1930 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Vater: Meinhard Lichtenstein geboren am 05. Juni 1886 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Mutter: Käthe Karoline Lichtenstein, geborene Frankenthal geboren am 18. März 1892 in Altenlotheim, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Bruder: Lichtenstein, Arthur geboren am 7. Februar 1920 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ausgewandert 1938 in die USA gestorben am 8. September 1971 in den USA Schwester: Lichtenstein, Ilse geboren am 24. Februar 1923 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ausgewandert im Frühjahr 1940 in die USA gestorben am 26. April 2006 in den USA Lebensdaten 1930 Geburt in Volkmarsen ab 1936 Flucht der Großeltern, ihres Bruders und zweier Onkel in die USA 1936 Einschulung 1938 erlebt die Reichspogromnacht 1938 Inhaftierung für einen Tag, zusammen mit ihrer Mutter 1938 Erkrankung der Mutter 1938 Inhaftierung des Vaters im Konzentrationslager Buchenwald 1938 Verbot des Schulbesuches 1938 Berufsverbot für ihren Vater 1939 Kindertransport in die Niederlande mit ihrer Schwester 1939 Enteignung der Eltern und Zwangsumzug in ein „Judenhaus“ 1940 Schwester Ilse flieht von den Niederlanden aus in die USA 1941 Inge wird von ihren Pflegeeltern zurück nach Volkmarsen gebracht 1942 Verschleppung und Ermordung in Sobibor nächste Familienfoto mit Inges Eltern, Großeltern und ihrer Schwester Ilse Bild zur Bar Mitzwah von Bruder Arthur, Lieselotte sitzt auf dem Schoss ihres Großvaters Telegram des Vaters an die Geschwister in den USA vom 3. Juni 1942 -dem Tag ihrer Deportation von Kassel Ilse, Inge und Arthur Lichtenstein, ca 1936 Biografie Inge Lichtenstein wurde 1930 in Volkmarsen bei Kassel als jüngste Tochter von Meinhard und Käthe Lichtenstein geboren. Sie wohnte mit ihrer Familie an der Oberen Stadtmauer 33. Ihr Vater Meinhard war ein angesehener Schneidermeister im Ort und hatte seine Werkstatt und seinen Laden im eigenen Haus. Ihre Mutter versorgte die Familie und arbeitete im Geschäft mit. Inge Lichtenstein musste schon als Kind schwere Trennungen erleben. Ihr älterer Bruder, zwei ihrer Onkel und ihre Großeltern mütterlicherseits wanderten zwischen 1936 und 1939 in die USA aus. Inge Lichtenstein wuchs in einer religiösen Familie auf. Ihre Mutter Käthe Lichtenstein war in der jüdischen Gemeinde aktiv, ihr Vater war 2. Vorsitzender der jüdischen Gemeinde und Thora-Vorleser in der Synagoge. Die jüdische Gemeinde Volkmarsen hatte 1933 noch 34 Mitglieder. Wahrscheinlich besuchte Inge die Volksschule am Mönchepfuhl in Volkmarsen. Wie ihre Schwester in einem Interview berichtete, hatte sie viele Freundinnen, vor allem aus christlichen Familien. Die Reichspogromnacht 1938 Mit acht Jahren musste Inge die Schrecken der Pogromnacht miterleben. Ihr Vater und die ältere Schwester Ilse waren nicht zu Hause. Das Haus und die Schneiderwerkstatt wurden völlig ausgeraubt und demoliert. Sie wurde mit ihren acht Jahren zusammen mit ihrer Mutter für eine Nacht vom 10. auf den 11. November in Polizeigewahrsam genommen. Ihre Mutter erlitt in den Tagen darauf eine Herzattacke. Inges ältere Schwester Ilse kümmerte sich in der Folgezeit um sie und die kranke Mutter. Als ihr Vater am Tag nach der Reichspogromnacht zurück nach Volkmarsen kam, wurde auch er verhaftet, von einem Polizisten, der ihr Nachbar und der beste Freund des Vaters war. Zwei Tage später wurde er ins Konzentrationslager Buchenwald verschleppt, von wo er sechs Wochen später von Misshandlungen gekennzeichnet, abgemagert und erschöpft zurückkehrte. Das Geschäft durfte er nun nicht wieder eröffnen. Mitte November 1938 wurde es jüdischen Kindern untersagt, öffentliche Schulen zu besuchen, das betraf auch Inge. Nach den Novemberpogromen versuchten Tausende Jüdinnen und Juden das Deutsche Reich so schnell wie möglich zu verlassen. Allerdings gab es in den infrage kommenden Ländern strenge Einreisebestimmungen und lange Wartezeiten für die beantragten Visa. Auch die Lichtensteins hatten keine Hoffnung mehr auf ein erträgliches Leben in Deutschland und hatten Pläne in die USA auszuwandern. Im Kindertransport in die Niederlande Einige Länder nahmen nach der Pogromnacht schnell und unbürokratisch jüdische Kinder bei sich auf. Sicherlich schweren Herzens aber mit der Hoffnung auf mehr Sicherheit für ihre Kinder, konnten Meinhard und Käthe auch für ihre beiden Töchter einen Platz in einem dieser Transporte für 150 Kinder aus der Region Kassel bekommen. Anfang Januar 1939 verließen Inge und Ilse ihren Heimatort Volkmarsen. Ilses Lehrer und ihre beste Freundin Emmi begleiteten sie zum Bahnhof. Sie fuhren vom Gleis 5 ab Kassel Hauptbahnhof mit dem Zug über Hannover in die Niederlande, in Enschede wurden sie mit Schokolade begrüßt. Die beiden Schwestern lebten in den folgenden Monaten in verschiedenen Kinderheimen in Bergen aan Zee, Driebergen und Rotterdam. Sie wurden unterrichtet und lernten Niederländisch und Englisch. Die ältere Schwester fühlte sich verantwortlich für ihre kleine Schwester. Leider machten die aus Deutschland Geflohenen auch in Holland schlechte Erfahrungen: eine Betreuerin sagte ihnen; „Hitler hätte vollkommen recht gehabt, daß er die J. rausgejagt hätte. Hier in Holland würde auch dafür gesorgt, daß es so käme“ . Mit Briefen hielten die beiden Kinder Kontakt zu ihren Eltern in Volkmarsen und zu Verwandten in den USA. In einem dieser Brief schilderte Ilse ihrem Bruder Arthur die Erlebnisse der Pogromnacht (siehe unten). Im Sommer 1939 nahm das niederländische jüdische Ehepaar Issak und Masche Hirschfeld Inge zu sich. Die Familie wohnte nur wenige hundert Meter entfernt von Ilses Kinderheim. Mitte März 1940 erhielt Ilse das Visum für die USA und ihr Bruder ließ ihr die Fahrkarten für die Schiffspassage über den Atlantik zukommen. Am 5. April 1940 verließ sie mit dem letzten Flüchtlingsschiff, der „Volendam“, die Niederlande in Richtung New York. Die Eltern hatten sie gebeten, die kleinere Schwester mit aufs Schiff zu schmuggeln, was natürlich nicht möglich war. Inge konnte allerdings ihre ältere Schwester am Rotterdamer Hafen verabschieden. Nur wenige Wochen später besetzte die Wehrmacht die Niederlande. Wegen zunehmender Repressionen gegen die niederländische und v.a. jüdische Bevölkerung im Frühjahr 1941, entschied sich die niederländische Familie Hirschfeld im Juni, Inge wieder in die Obhut ihrer Eltern nach Volkmarsen zu bringen. Wieder zurück in Volkmarsen Inges Eltern hatten 1939 ihr eigenes Haus verlassen müssen. Sie wohnten nun zwangsweise zusammen mit den verbliebenen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im jüdischen Schulhaus in Volkmarsen, beengt und verarmt. Dem Vater war es nicht mehr erlaubt, in seinem Schneidergeschäft zu arbeiten, er musste Zwangsarbeit beim Straßenbau leisten. Die Mutter kränkelte. Inge besuchte nun die jüdische Schule in Kassel und pendelte täglich mit dem Zug zwischen Kassel und Volkmarsen. Die ältere Schwester Ilse hatte im Februar Geburtstag. Zu diesem Anlass erhielt sie einen Brief von ihrer Familie. Sie schrieben ihr, dass sie nach Polen ausgesiedelt werden. Dieser Brief war das letzte Lebenszeichen ihrer Familie aus dem fernen Volkmarsen. Die Deportation nach Sobibor Für die zweite von den drei großen zentral organisierten Deportationen aus dem Regierungsbezirk Kassel standen sechs Personen aus Volkmarsen auf der Deportationsliste. Zum 31.5.1942 wurde die Familie Lichtenstein in die `Sammelstelle´ in der Turnhalle der Wörth-Schule in der Kasseler Schillerstraße bestellt. Hier wurden sie registriert und ihr Gepäck durchsucht. Für die „Aussiedlung in den Osten“ waren fünfzig Kilogramm Gepäck und fünfzig Reichsmark pro Person erlaubt. Das gesamte noch vorhandene Hab und Gut wurde – soweit nicht schon geschehen – staatlich konfisziert. Einige für die Lichtensteins wichtige Dinge – Stoffe, Bücher, Nähmaschine und Porzellan – verwahrten Nachbarn vierzig Jahre lang, bis sie diese der überlebenden Tochter Ilse Meyer übergeben konnten. Die Lichtensteins wurden am Morgen des 1. Juni 1942 mit insgesamt 508 jüdischen Kindern, Frauen und Männern aus dem GeStaPo-Bezirk Kassel von der „Sammelstelle“ in der Schillerstraße zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Die Streckenführung von „Da 57“ verlief von Hanau u.a. über Kassel und Halle nach Sobibor. Mit diesem Deportationszug wurden etwa 1.000 Juden und Jüdinnen aus über siebzig verschiedenen Orten v.a. aus Hessen und Sachsen-Anhalt in den Osten verschleppt. Der Zielbahnhof des Transportes war Izbica. Izbica war ein jüdisches Sztetl im „Distrikt Lublin“, mit etwa 7.000 Einwohner*innen, davon 80 Prozent jüdischen Glaubens. Izbica war für insgesamt 27.000 Jüdinnen und Juden eines von über zwanzig „Durchgangsghettos“ im „Distrikt Lublin“ im Generalgouvernement. Hier wurden die verschleppten Menschen für die geplante Ermordung konzentriert und in neue Transporte zusammengefasst, damit einhergehend wurden hier die Todgeweihten ihrer letzten kläglichen Habe beraubt. In Izbica kamen etwa 7.500 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich an, etwa 20.000 kamen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei und Luxemburg. Allerdings war das erste Ziel des Sonderzugs „Da 57“ nicht wie angegeben Izbica, sondern das Anschlussgleis zum Zwangsarbeitslager „Alter Flughafen“ in Lublin. Dort wurden aus dem Transport etwa 115 junge, starke Männer zur Zwangsarbeit für das Todes- und Konzentrationslager Majdanek ausgewählt und hier wurden die Gepäckwagen mit dem schweren Gepäck abgekoppelt. Dieser Zug fuhr anschließend direkt nach Sobibor weiter, wo er am 3. Juni 1942 ankam; ab Juni 1942 fuhr kein Deportationszug mehr zu einem Transitghetto. Die Familie Lichtenstein wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. In Volkmarsen erinnert seit den1990er Jahren ein Straßenname an die mit zwölf Jahren in Sobibor ermordete Inge Lichtenstein. Brief von Ilse Lichtenstein an ihren Bruder Arthur. Bergen, den 10.1.1939 Meine Lieben! Heute will ich euch ein paar Zeilen senden. Wir sind hier in Bergen in einem Kinderheim. Am Mittwoch, dem 4. sind wir hierhergekommen. Es gefällt uns sehr gut. 91 Kinder sind wir hier. Jungens und Mädels. Wir haben es gut hier. Stehen morgens um 7 Uhr auf und gehen abends um 8 Uhr zu Bett. Jeden Morgen und auch oft nachmittags gehen wir spazieren. Jetzt haben wir Wolle bekommen für Pullover zu stricken. Jeden Abend werden wir gebadet. Jetzt will ich euch in bisschen von Deutschland erzählen. Aber nicht viel. Wie ihr ja wisst, sind alle Männer im KZ gewesen. Der liebe Papa und Friedel* waren auch da. Papa war 4 Wochen und Friedel 5 Wochen dort. Natürlich kamen sie mit kahlgeschorenen Köpfen zurück. Auch dort haben sie es nicht besonders gehabt. 3 Tage nichts zu essen und überhaupt kein Wasser. Viele Leute sind meschugge geworden. Auch Lehrer Stern aus Frankenberg. Er ist in die Latrine gesprungen. Onkel Isaak ist einen Tag zurückgekommen und dann gleich irr gewesen. Er hatte Eiter in Mund und Nase und konnte gar nicht sprechen. Hugo Wertheim hatte Blutvergiftung und ist verbrannt worden. Die Urne ist zurückgekommen. Auch der Vater von Walter Steinmann ist 3 Tage zu Hause gewesen, hat Lungenentzündung bekommen und ist gestorben. Ach, so manches könnte ich Euch schreiben. Jeden Tag hat man nur andere Todesanzeigen gelesen. Ihr könnt euch ja gar nicht denken, was wir alles mitgemacht haben. An die Demolierung zu Hause darf ich gar nicht denken. Du. Lieber Arthur, würdest die Zimmer kaum wiedererkennen. In Friedels Zimmer ist nichts mehr ganz. Schränke, Betten, Kommode, Stühle und alles was im Zimmer war, sind kaputt. Die langen Matratzen haben auf der Straße gelegen. Auch die Federbetten und Friedels ganze Wäsche. Die Schränke haben auch umgelegen. Keine Tasse und kein Teller waren ganz. Gelee und Eier sind zusammengelaufen. 3 große Fässer Scherben haben wir gehabt. Nur in meinem Zimmer ist der Spiegel noch ganz. Die Wäsche aus den Schränken musste alle gewaschen werden, denn sie war schmutzig und nass. Acht Tage vorher, Ihr werdet es noch wissen, hatten wir Würste gemacht. Von 30 Stück sind noch 5 übriggeblieben. Im Wohnzimmer hat es bunt ausgesehen. Kein Bild, kein Teller und keine Tasse waren mehr ganz. Die Schabbeslampe ist auch kaputt. Der Teppich war mit Mehl, Himbeersaft und Erdbeeren verziert. Daß keine Scheibe im Haus mehr heil war, könnt ihr euch ja denken. Dieses war der Donnerstagabend und des Morgens ist der liebe Papa geholt worden. In der Nacht waren die Lieben noch alle zusammen und am anderen Morgen ist Papa nach Buchenwald gekommen. Was alles gestohlen ist kann ich gar nicht sagen. Friedels 2 Anzüge und Mantel, Papas schwarzer Anzug, meine ganze Wäsche und Kleider. Vom Lager sind 18 Anzüge, 6 gestreifte Hosen, Winterulster und viele Futtersachen. Und dann noch das schönste, 1600 Reichsmark Vermögensabgabe als Buße. Ist das nicht allerhand? Wenn der liebe Papa jetzt arbeiten dürfte, könnte er sich 5 Gesellen halten. Wenn nur das Konsulat schneller arbeiten würde, daß wir fort könnten, denn die ganze Ungewissheit ist entsetzlich. Seht bitte mal zu, ob Ihr nicht etwas machen könnt, denn die lieben Eltern können unmöglich länger in Deutschland bleiben. Denn käme noch einmal eine Trennung, so wäre es sehr schlimm. Auch sorgt bitte dafür, dass wir bald weiter können, denn wir wollen den Leuten hier nicht zur Last fallen. Schreibt bitte mal an das Hilfskomitee in Amsterdam oder in New York, ob nichts zu machen ist. … Ich glaube Euch nun genug geschrieben zu haben, antwortet bald und seid herzlich gegrüßt von Eurer Ilse. *Friedel ist Siefried Meyer, Schneidergeselle; er lebte und arbeitete im Haus der Lichtensteins Quelle: Ernst Klein, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012, S. 109 f. Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Joods Monument Website Statistik des Holocaust Website Alemannia Judaica Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Lilienthal, Marion u.a. (Hg.), Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P., Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg 1941/1942, Riga, Sobibor/Majdanek, Theresienstadt, 2013 Magistrat der Stadt Kassel – Stadtarchiv, Hg., Namen und Schicksale der Juden Kassels 1933 – 1945,ein Gedenkbuch, 1986 Ernst Klein in: Waldecksche Landeszeitung vom 16.8.2012 (Verhaftung durch Nachbarn) Interviews: Interview mit Ilse Meyer, geb. Lichtenstein; USC Shoah Foundation, 29.4.1996 in Louisville, Kentucky, USA Interview mit Meinhardt Meyer; USC Shoah Foundation, 29.4.1996 in Louisville, Kentucky, USA
- Michel | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Lieselotte Michel geboren am 5. Juli 1926 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 26. März 1943 in der deutschen Mordstätte Sobibor Familie Mutter: Erna Rosa Michel geboren am 4. November 1894 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet: 03. Juni 1942 in der Mordstätte Sobibor Vater: Michel, Siegmund geboren am 20. August 1888 in Vetzberg, Hessen, Deutschland begeht Selbstmord am 1. März 1934 in Korbach Großmutter: Betty Meyerhoff, geborenen Oppenheimer geboren am 8. Mai 1868 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 2. Oktober 1942 in der deutschen Mordstätte Treblinka Großvater: Albert Abraham Meyerhoff geboren am 7. April 1866 in Volkmarsen, Hessen, Deutschland ermordet am 2. Oktober 1942 in der Mordstätte Treblinka Lebensdaten 1926 Geburt 1932 Einschulung 1934 Selbstmord ihres Vaters 1938 Überfall auf ihr Haus in der Reichspogromnacht 1938 Beschlagnahme ihres Hauses 1938 Einquartierung in einer Sammelunterkunft 1939 geht auf Kindertransport in die Niederlande und lebt u.a. in einer Pflegefamilie 1942 Deportation und Ermordung ihrer Mutter in Sobibor 1942 Deportation und Ermordung ihrer Großeltern in Treblinka 1943 Deportation von Westerbork aus und Ermordung in Sobibor, gemeinsam mit der Großmutter ihrer Pflegefamilie 1943 Deportation von Westerbork und Ermordung ihrer Pflegefamilie und ihrer kleinen Tochter nächste 3 Generationen der Familie Michel, Oma Betty, Mutter Erna und Lieselotte Halskette von Lieselotte Michel, ihre Mutter hatte sie kurz vor der Deportation dem Nachbarkind, Lieselottes Freundin, Josephine Langer geschenkt Biografie Die Familie Meyerhoff gab es seit Anfang des 18. Jahrhunderts im nordhessischen Volkmarsen. Seit den 1830er Jahren gab es am Ort eine Synagoge, die 1936 verkauft wurde. 1932 existierten zwei jüdische Wohltätigkeitsvereine und es gab einen Lehrer für jüdische Religion. 1933 lebten noch 34 Jüdinnen und Juden in Volkmarsen. Sie trieben Handel oder waren Handwerker. Fünf jüdische Männer aus Volkmarsen fielen im Ersten Weltkrieg. Selbstmord des Vaters Die Eltern von Lieselotte Michel waren Erna, geborene Meyerhoff, und Siegmund Michel. Sie hatten am 23. Oktober 1925 geheiratet. Die junge Familie wohnte bei den Eltern mütterlicherseits in der Geilingstrasse 11. Dort hatten ihre Großeltern in ihrem eigenen Haus seit vielen Jahren einen Gemischtwarenladen. Mit acht Jahren, im März 1934 verlor Lieselotte ihren Vater; er nahm sich im dreißig Kilometer entfernten Korbach im „Hotel Zur Post“ das Leben. Sie und ihre Mutter, die nun verwitwete Erna Michel, blieben bei den Großeltern Betty Meyerhoff, geborene Oppenheim, und Abraham Meyerhoff wohnen. Lieselotte wurde 1932 in die Katholische Volksschule Volkmarsen eingeschult. 1933, nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und den damit einhergehenden Boykottmaßnahmen, Handels-, Arbeitsverboten und Zwangsabgaben für Jüdinnen und Juden, verschlechterte sich die finanzielle Situation der Familie Michel/Meyerhoff schnell. Immer weniger Kunden wagten es, bei ihnen einzukaufen. Der Familie wurde damit die Existenzgrundlage entzogen. Nach 1938 In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde wie bei ihren jüdischen Nachbarn durch die SA, unterstützt von Volkmarser Bürgern, ihr Haus überfallen, demoliert und ausgeraubt. In den Wochen nach diesen Übergriffen wurde ihr Haus staatlich konfisziert. Die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner Volkmarsens mussten ihre Häuser verlassen und wurden im ehemaligen jüdischen Schulhaus in der Geilingstraße 13 einquartiert. Auch Lieselottes Mutter und ihre Großeltern wurden beengt im jüdischen Schulhaus konzentriert. Für sie galten eine Reihe von Einschränkungen. Es gab ein nächtliches Ausgangsverbot. Den jüdischen Familien wurden sehr knappe Lebensmittelmarken zugeteilt, für sie gab es weder Milch, noch Fleisch, noch Eier. Einige wenige christliche Volkmarser Bürgerinnen und Bürger unterstützten sie. Einige europäische Länder nahmen nach der Pogromnacht schnell und unbürokratisch jüdische Kinder auf. Sicherlich schweren Herzens aber mit der Hoffnung auf mehr Sicherheit für ihre Kinder, bemühten sich Eltern um einen Platz in einem dieser Transporte. Von einer befreundeten Familie am Ort hörte Lieselotte Michels Mutter von den Kindertransporten in die Niederlande, wo die Kinder sogar eine Schule besuchen könnten. Am 3. Januar 1939 fuhr die 13-jährige Lieselotte, zusammen mit Ilse und Inge Lichtenstein aus Volkmarsen und weiteren 147 Kindern aus der Region Kassel ins niederländische Bergen aan Zee. Allerdings war Bergen nicht ihre letzte Station: ab März 1939 kam sie in ein Kinderheim in Amsterdam, danach lebte sie eineinhalb Jahre in der Familie des Rabbiners Philip Frank und seiner Frau Bertha in Amsterdam und Haarlem. Die Deportation der Mutter und Großeltern Ab 1941 begannen die Deportationen von Jüdinnen und Juden in den Osten. Den Betroffenen wurde eine „Umsiedlung“ mit der anschließend möglichen Existenzgründung vorgegaukelt. Aus Kassel fuhren insgesamt drei große Deportationszüge in den Osten. Die in Volkmarsen verbliebene Mutter von Lieselotte, Rosa Erna Michel, wurde Ende Mai 1942 in die `Sammelstelle´ in der Turnhalle des Schulkomplexes in der Kasseler Schillerstraße bestellt. Kurz vor ihrer Abfahrt hatte Rosa Erna Michel noch eine Kette ihrer Tochter Lieselotte als Abschiedsgeschenk an eine Freundin verschenkt, die erhalten blieb. Mit dem zweiten großen Deportationszug aus Kassel wurden am Morgen des 1. Juni 1942 insgesamt 508 Jüdinnen und Juden aus dem Geheimen Staatspolizeibezirk Kassel zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Als Ziel des Sonderzugs „Da 57“ war Izbica im Generalgouvernement angegeben, nach einem Stopp in Lublin fuhr der Zug nicht nach Izbica, sondern direkt in die Mordstätte Sobibor, wo er am 3. Juni 1942 ankam. Lieselottes Mutter Erna Michel wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. Auch Lieselottes Großeltern, Albert und Betty Meyerhoff - 74 und 76 Jahre alt -, bei denen sie in Volkmarsen mit ihrer Mutter und ihrem Vater gelebt hatte, wurden drei Monate später, am 8. September 1942, von Kassel aus nach Theresienstadt und am 29. September 1942 ins Todeslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Mit der Besetzung der Niederlande am 10. Mai 1940 durch die Deutschen verschärfte sich die Situation der aus Deutschland geflüchteten Kinder. In den Niederlanden setzte nun auch die Verfolgung sowohl der Flüchtlinge als auch der niederländischen Jüdinnen und Juden ein. Das nun letzte noch lebende Familienmitglied der Familien Michel/Meyerhoff, Lieselotte Michel, wurde von Juni 1941 bis Januar 1943 bei der jüdischen Familie van Spiegel in Deventer untergebracht. Simon und Marianne van Spiegel hatten eine kleine Tochter. Die Familie und Lieselotte mussten im Januar 1943 Deventer verlassen und nach Amsterdam ziehen. Neue Pflegefamilie Mit der Besetzung der Niederlande am 10. Mai 1940 durch die Deutschen verschärfte sich die Situation der aus Deutschland geflüchteten Kinder. In den Niederlanden setzte nun auch die Verfolgung sowohl der Flüchtlinge als auch der niederländischen Jüdinnen und Juden ein. Das nun letzte noch lebende Familienmitglied der Familien Michel/Meyerhoff, Lieselotte Michel, wurde von Juni 1941 bis Januar 1943 bei der jüdischen Familie van Spiegel in Deventer untergebracht. Simon und Marianne van Spiegel hatten eine kleine Tochter. Die Familie und Lieselotte mussten im Januar 1943 Deventer verlassen und nach Amsterdam ziehen. Deportation nach Sobibor Ein dreiviertel Jahr nach ihrer Mutter, am 23. März 1943, musste Lieselotte Michel in den Niederlanden zusammen mit insgesamt 1250 Jüdinnen und Juden vom „Polizeilichen Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ aus ebenfalls die Fahrt nach Sobibor antreten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Lieselotte Michel wurde direkt nach ihrer Ankunft, am 26. März 1943, im Todeslager ermordet. Lieselotte Michel fand ihren Tod zusammen mit der Mutter mütterlicherseits aus ihrer niederländischen Pflegefamilie. Sie fuhren im selben Zug nach Sobibor. Einige Wochen später wurden auch ihre Pflegeeltern mit ihrer kleinen Tochter nach Sobibor verschleppt. Sie wurden am 16. Juli 1943 in Sobibor ermordet. Seit 1999 erinnert ein Straßenname in Volkmarsen, der „Lieselotte-Michel-Ring“, an die mit 16 Jahren in der Mordstätte Sobibor ermordete Lieselotte Michel. In Deventer liegt seit 2022 auch ein Stolperstein für Lieselotte Michel vor dem Haus ihrer damaligen Pflegefamilie. Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Joods Monument Website Dokin - Informationen zu Kinder aus Kindertransporten in die Niederlande Website Statistik des Holocaust Website Alemmannia Judaica-Volkmarsen Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 Klein, Ernst, Verschwundene Nachbarn – verdrängte Geschichte, 2012 Kleinert, Beate und Prinz, Wolfgang Prinz, Ein Gedenkbuch, 1982 Lilienthal, Marion u.a. (Hg.), Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P., Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg 1941/1942, Riga, Sobibor/Majdanek, Theresienstadt, 2013
- Mansbach | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Leopold Louis Mansbach geboren am 18. Juli 1918 in Dordrecht, Niederlande ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Familie Ehefrau: Rosa Rosalie Mansbach, geborene Eichengrün geboren am 18. Februar 1885 in Beringhausen, Nordrhein-Westfalen, Deutschland ermordet am 21. Mai 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Sohn: Erwin Mansbach geboren am 21. August 1909 in Gudensberg, Hessen, Deutschland umgekommen am 14. Mai 1940 bei einem Bombenangriff in Rotterdam Sohn: Julius Mansbach geboren am 13. September 1913 in Gudensberg, Hessen, Deutschland verstorben am 27. Dezember 2015 in San Francisco, Carlifornien, USA Tochter: Beate Hildegard Leviticus-Mansbach geboren am 4. Februar 1916 in Gudensberg, Hessen, Deutschland ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Schwiegersohn: Louis Leviticus geboren am 18. Juli 1918 in Dordrecht, Niederlande ermordet am 30. April 1943 im deutschen Mordlager Sobibor Lebensdaten 1877 Geburt in Gudensberg 1908 Heirat mit Rosa Eichengrün 1909 Geburt von Sohn Erwin 1913 Geburt von Sohn Julius 1914 Weltkriegsteilnahme 1916 Geburt von Tochter Beate Hildegard 1933 Emigration der Kinder in die Niederlande 1934 Emigration in die Niederlande mit seiner Frau 1940 Tod des Sohnes Erwin beim Bombenangriff auf Rotterdam 1942 Untertauchen der Kinder Julius und Hildegard 1943 Verhaftung der Tochter Hildegard 1943 Deportation und Ermordung der Tochter Hildegard in Sobibor 1943 Verhaftung zusammen mit seiner Frau Rosalie 1943 Deportation und Ermordung in Sobibor nächste Rosa, Leopolds Ehefrau Beate, Leopolds Tochter Biografie Leben in Gudensberg Leopold Louis Mansbach wurde als zweitjüngstes Kind von Betti, auch Beilchen genannt, und Kaufmann Mansbach im hessischen Dorf Gudensberg geboren. Er hatte vier Schwestern und drei Brüder. Zwei seiner Geschwister verstarben bereits im Kindesalter. Erstmals wurden jüdische Bewohner in der Gemeinde Gudensberg 1621 erwähnt. Vom aktiven Gemeindeleben der jüdischen Familien In Gudensberg zeugen zahlreiche Einrichtungen. Es gab neben der Synagoge eine jüdische Schule, eine Mikwe, einen jüdischen Friedhof und verschiedene jüdische Vereine. 1932 lebten noch 103 Jüdinnen und Juden im Ort, das waren annähernd fünf Prozent der 2.422 Einwohner. Am 12. Oktober 1908 heirateten Leopold Louis und Rosa Eichengrün in Niedermarsberg. Das Paar bekam drei Kinder: Erwin, Julius und Beate Hildegard. Im Ersten Weltkrieg diente Leopold als Soldat und erhielt 1917 das Eiserne Kreuz verliehen. Leopold Mansbach führte zusammen mit seinem Bruder einen Viehhandel in der Bahnhofstraße im Ort, er war im Aufsichtsrat der Gewerbebank des Ortes. Sohn Julius Mansbach berichtete in späteren Jahren von seiner schönen Kindheit in Gudensberg. Noch vor 1933 begann er eine Lehre in einem Kaufhaus im Rheinland. Nach 1933 Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten änderte sich das Alltagsleben für die jüdische Bevölkerung schnell. Das vorher scheinbar friedliche Zusammenleben der zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Einwohnern der Gemeinde endete bereits 1933, als jüdische Geschäfte und Häuser geplündert und jüdische Bürger misshandelt und verprügelt wurden. Unter dem Eindruck dieser Übergriffe entschied sich die Familie in die Niederlande auszuwandern, zwei seiner Schwestern wohnten bereits in den Niederlanden. Nach dem Boykott der jüdischen Geschäfte im Frühjahr 1933, wanderte Sohn Julius bereits nach Rotterdam in den Niederlanden aus. Auch seine Schwester Beate und sein Bruder Erwin flüchteten in die Niederlande. Wenige Monate später verließen auch Leopold und seine Frau Gudensberg und flohen nach Rotterdam. Leopold verdiente dort sein Geld als Metzger, sein Sohn Erwin arbeitete bei ihm im Geschäft. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande Beim Überfall auf die Niederlande wurde am 14. Mai 1940 Rotterdam bombardiert. Sohn Erwin wurde, wie viele Deutsche Emigranten, von den Niederländern verhaftet und in einem Untergrund-Theater in Rotterdam festgehalten, das Gebäude wurde getroffen. Sohn Erwin starb bei diesem Angriff. Mit der Besetzung der Niederlande im Mai 1940 durch die Deutschen verschärfte sich sowohl die Situation der niederländischen Jüdinnen und Juden als auch der aus Deutschland Geflüchteten dramatisch. Die jüdische Bevölkerung musste Rotterdam verlassen, die Familie zog nach Gorinchem in die Zuisterhuis 9. Als man immer mehr junge Frauen und Männer zur Zwangsarbeit abholte, entschieden sich Leopolds, Kinder Beate und Julius, unterzutauchen. Julius fand Unterschlupf bei einer Familie auf einem Dorf in der Nähe von Osterhaut. Die Familie hatte fünf eigene kleine Kinder und versteckte Julius über zwei Jahre auf dem Dachboden des Hauses. Mit ihrer Hilfe gelang es ihm zu überleben. 1947 wanderte er in die USA aus. Er verstarb im Alter von 102 Jahren 2015 in San Francisco. Auch Tochter Beate tauchte in Hardinxveld-Giessendam unter, vermutlich zusammen mit ihrem Freund Louis Leviticus. Louis hatte in der Nähe der Mansbachs gewohnt und dort mit seiner Schwester ein Optikergeschäft betrieben. Die beiden Untergetauchten wurden verraten. Am 10. März 1943 wurden Beate und Louis in ihrem Versteck von der Sicherheitspolizei verhaftet. Beide kamen in Arrest in Rotterdam und wurden am 14. April 1943 in das „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ gebracht. Deportation von Westerbork nach Sobibor Von Westerbork wurden zwischen 1942 und 1944 insgesamt 107.000 Menschen in den Osten verschleppt - 19 Transporte mit über 34.000 Menschen verließen das Lager mit dem Ziel Sobibor. In Westerbork heirateten die beiden noch, bevor sie am 27. April.1943 den Deportationszug zum Mordlager Sobibor besteigen mussten. Die Fahrt im Viehwaggon dauerte drei Tage. Beate Hildegard und ihr Mann Louis Leviticus wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft am 30. April 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet. In diesem Transport befanden sich weitere 1202 Menschen, niemand von ihnen überlebte. Louis und und seine Frau Rosalie wurden ebenfalls im April verhaftet und in das deutsche Konzentrationslager Herzogenbusch (Camp Vught) eingewiesen. Nach zwei Wochen wurden sie in das „Polizeiliche Durchgangslager Westerbork“ gebracht. Leopold Louis und seine Frau Rosalie wurden am 18. Mai 1943 mit dem 12. Transport aus dem Lager Westerbork nach Sobibor deportiert. In diesem Transport befanden sich weitere 2509 Menschen, keiner dieser Menschen überlebte. Rosalie und Leopold Mansbach wurden direkt nach ihrer Ankunft am 21. Mai 1943 im Mordlager Sobibor ermordet. Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Joods Monument Website Alemannia-Judaica zu Gudensberg Website Stolpersteine Dordrecht Interview: Julius Mansbach - United States Holocaust Memorial Museum Collection, 2.12.1986 in San Francisco
- Meyer | Gedenksteine Sobibor
< zurück vorherige Siegbert Meyer geboren am 3. April 1898 in Hamburg, Deutschland umgekommen am 22. Juni 1942 im deutschen Konzentrations- und Mordlager Majdanek Familie Ehefrau: Berta Meyer, geb. Neuhaus geboren am 12. September 1898 in Kassel, Hessen, Deutschland ermordet am 3. Juni 1942 in der deutschen Mordstätte Sobibor Lebensdaten 1898 Geburt in Hamburg 1916 Umzug nach Kassel 1930 betreibt einen Gemischtwarenhandel in der Kolonialstraße 1932 heiratet die Verkäuferin Berta Neuhaus 1938 Inhaftierung für einige Wochen im Konzentrationslager Buchenwald 1938 Zwangsumzug in ein „Judenhaus“ in die Große Rosenstraße 1942 Verschleppung und Ermordung seiner Ehefrau in Sobibor 1942 Verschleppung und Tod in Majdanek nächste Biografie Siegbert Meyer wuchs in der Hafenstadt Hamburg auf. In Hamburg waren seit dem 16. Jahrhundert jüdische Menschen ansässig. Mitte des 18. Jahrhunderts existierte dort die größte jüdische Gemeinde Deutschlands. Mit 18 Jahren verließ er Hamburg und zog ins hessische Kassel; er wohnte ab 2. Juni 1916 in Kassel, seine erste Meldeadresse war in der Hohenzollernstraße 75. Er arbeitete als Schlosser. In den folgenden Jahren zog er bis zu seiner Verheiratung noch dreimal innerhalb Kassels um, als Berufe sind im Melderegister Schlosser und Elektrotechniker angegeben. Ab 1930 betrieb er einen Gemischtwarenhandel in der Kolonialstraße 6, dort wohnte er auch. 1932 heiratete er Berta Neuhaus, sie war bereits einmal verheiratet und seit 1929 geschieden. Das Paar blieb kinderlos. Berta war von Beruf Verkäuferin. Im Einwohnerbuch von Kassel taucht für Siegbert Meyer in den Jahren 1936 bis 1938 kein Eintrag des Geschäftes mehr auf, er wird als Kaufmann geführt. Nach 1938 Nach der Pogromnacht 1938 wurde Siegbert Meyer verhaftet und am 11. November in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Erst nach einigen Wochen durfte er nach Kassel zurückkehren. Nach seiner Rückkehr musste das Paar ihre Wohnung in der Kolonialstraße verlassen und in eines der „Judenhäuser“ in Kassel ziehen. Zuerst in die Große Rosenstraße 9 und später in die Große Rosenstraße 22, wo sie zusammen mit anderen jüdischen Familien untergebracht wurden. Deportation nach Majdanek und Sobibor Ende Mai 1942 mussten sich Siegbert und seine Frau Berta in die „Sammelstelle“ in der Schillerstraße begeben. Hier wurden sie durchsucht und ihrer Habe beraubt. Sie durften nur wenige Dinge auf die als „Umsiedlung in den Osten“ ausgegebene Deportation mitnehmen. Am Morgen des 1. Juni 1942 wurden sie mit insgesamt 508 jüdischen Kindern, Frauen und Männern aus dem Geheimen Staatspolizei-Bezirk Kassel von der „Sammelstelle“ in der Schillerstraße zum nahen Hauptbahnhof geführt, wo der Sonderzug „Da 57“ bereitstand. Die Streckenführung von „Da 57“ verlief von Hanau aus kommend u.a. über Kassel und Halle nach Sobibor. Mit diesem Deportationszug wurden etwa 1.000 Juden und Jüdinnen aus über siebzig verschiedenen Orten v.a. aus Hessen und Sachsen-Anhalt in den Osten verschleppt. Der Zielbahnhof des Transportes war Izbica. Izbica war ein jüdisches Sztetl im „Distrikt Lublin“, mit etwa 7.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, davon 80 Prozent jüdischen Glaubens. Izbica war für insgesamt 27.000 Jüdinnen und Juden eines von über zwanzig „Durchgangsghettos“ im „Distrikt Lublin“ im Generalgouvernement. Hier wurden die Verschleppten für die geplante Ermordung konzentriert und in neuen Transporten zusammengefasst, damit einhergehend wurden hier die Todgeweihten noch einmal ihrer letzten kläglichen Habe beraubt. Ab Juni 1942 fuhr kein Deportationszug mehr zu einem Transitghetto, sondern direkt zu den Endstationen. In Izbica kamen etwa 7.500 Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich an, etwa 20.000 kamen aus Österreich, Tschechien, der Slowakei und Luxemburg. Das tatsächliche erste Ziel des Sonderzugs „Da 57“war nicht wie angegeben Izbica, sondern das Anschlussgleis zum Zwangsarbeitslager „Alter Flughafen“ in Lublin. Dort wurden aus dem Transport etwa 115 junge, starke Männer zur Zwangsarbeit für das Todes- und Konzentrationslager Majdanek ausgewählt. Hier wurden auch die Gepäckwagen mit dem schweren Gepäck abgekoppelt. Auch Siegbert Meyer wurde hier aus dem Zug geholt, seine Frau musste er im Zug zurücklassen. Er überlebte nur wenige Wochen, sein Tod ist mit dem 22.Juni 1942 im Totenbuch des Konzentrationslagers Majdanek verzeichnet. Der Zug Da 57 fuhr nach dem Halt am „Alten Flughafen“ anschließend direkt nach Sobibor weiter, wo er am 3. Juni 1942 ankam; Siegbert Meyers Frau Berta wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft in Sobibor ermordet. Verwendete Dokumente und Literatur Website des Archivs ITS Arolsen Website Gedenkbuch des Bundesarchivs Website Statistik des Holocaust Website Geschichte jüdischer Gemeinden - Kassel Gottwald, Alfred/ Schulle, Diane, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, 2005 Hänschen, Steffen, Das Transitghetto Izbica im System des Holocaust, 2018 Kammler, Jörg, u.a., Hg., Volksgemeinschaft und Volksfeinde, Kassel 1933 – 1945, Bd. I und II, 1984 und 1987 Kingreen, Monika u.a., Hanauer Juden 1933-1945, Entrechtung, Verfolgung, Deportation, 1998 Kleinert, Beate und Prinz, Wolfgang ,Namen und Schicksale der Juden Kassels. Ein Gedenkbuch, Magistrat der Stadt Kassel – Stadtarchiv, Hg.,1986 Thiele, Helmut, Die jüdischen Einwohner zu Kassel, 2006







